Donnerstag, 3. September 2009

Kiliansmännle, 28.12.1994

1995
Das Jahr 1994 ist in wenigen Tagen zu Ende. Manche von Ihnen werden sagen: in wenigen Stunden. Sei es drum. Egal wie man rechnet, es wird ein Abschluß gemacht. Und dann? Geht es danach weiter wie zuvor auch? Ja, in den meisten Fällen. Gottseidank. Es wäre ja schlimm, wenn sich nach jedem Jahreswechsel alles ändern würde. Es verändert sich beim Wechsel von 1994 zu 1995 ohnehin schon zuviel. Neue Steuern, neue Abgaben - das alles wird uns Bürger belasten. Aber eins bleibt: das Männle auf dem Turm der Kilianskirche. Und wie werde ich Sie, die Leser des Neckar-Express, durch das neue Jahr 1995 begleiten? Ich meine, so wie im Jahr 1994. Ganz ohne Versprechen und neue Belastungen. Und deshalb: Ihnen allen vielen Dank fürs aufmerksame Lesen und die zahlreichen Zuschriften. Und vor allem: ein glückliches, zufriedenes und friedvolles 1995.

Das war's
Weihnachten vorüber! - Vollzugsmeldung. Keine besonderen Vorkommnisse. Da frage ich mich folgerichtig auf dem Turm: warum die Hektik, der heuer kleine Kaufrausch in den letzten Tagen vor dem Fest? Aber sofort stellt sich die Antwort ein: weil's jedes Jahr so ist, weil das Fest Tradition hat, weil man es so macht - und weil's doch so schön ist. Vorfreude ist eben die schönste Freude. Weihnachten dann - das Fest der Familie und der Liebe? „Naja“, kann ich da nur murmeln. Familie stimmt schon. Aber mit der Liebe ist es meistens so wie das ganze Jahr über. Mit der intensiven Zuneigung zu den Sachen mag's schon seine Richtigkeit haben. Das weisen die vielen Geschenke aus - und die Lust der überaus zahlreichen raffinierten Diebe auf die teuren Wertgegenstände ihrer Mitmenschen. Jeder will halt seinen Teil am Glück haben. Ob nun rechtmäßig oder als Verbrecher. Das wird offensichtlich so bleiben bis ans Ende der Tage. Trotz aller Justiz und Polizei.

Rosige Aussichten?Und mit viel Getöse, frommer Worte und Lichterzauber geht es ins nächste Jahr. Was 1995 fürs Unterland bringen wird, hängt größtenteils von den Menschen ab, die dort leben und arbeiten. Arbeiten? Nicht alle hier haben Arbeit. Viele stehen auf der Straße, obwohl sie durchaus arbeitswillig sind. Deswegen kann ich nur zu gut den Zorn und die Empörung der hiesigen Gewerkschafter und Arbeitnehmervertreter verstehen, als sie vor wenigen Tagen die Pläne der Arbeitgeber-Dachorganistaion zur Kenntnis nehmen mußten. Deren Präsident will, daß Krankheitstage aufs Urlaubsgeld angerechnet werden. Seine Kollegen, wie beispielsweise der auch in Heilbronner Arbeitgeberkreisen sehr geschätzte Künzelsauer Unternehmer Reinhold Würth, sind da schlauer. Sie motivieren ihre Mitarbeiter über Prämien und Zulagen zu mehr Engagement. Und diese Methode bewährt sich. Bei Würth wurde auch in den Krisenzeiten zugepackt und nicht resigniert.

Radio-LandschaftGelegentlich steige ich von meinem Turm herab, setze mich ins Auto und fahre durch die schöne Landschaft unserer Region. Aber wenn ich dann hören will, was es an Neuigkeiten so gibt im Ländle und auf der Welt, ja - dann kriege ich kräftig was auf die Ohren. Beim Südfunk und seinen vier Hörfunk-Programmen geht‘s einmal auf, dann wieder ab. Das heißt: in manchen Gebieten der Region Franken empfange ich Südfunk 1, 2, 3 oder 4 - und in anderen sind sie eben nicht oder nur schlecht empfangbar vorhanden. Obwohl ich ja meine Rundfunkgebühren brav zahle, darf ich meinen angestammten Heimatsender nicht mal in Baden Württemberg allüberall hören. Und die privaten Sender? Da ist ein schlimmes Durcheinander festzustellen. Da gibt‘s zum Beispiel jetzt den Sender „Antenne“. Dort, wo bisher Radio Regional zu hören war (Frequenz 100,1), ist neuerdings der Bereichssender „Antenne Stuttgart“ zu hören. Fahre ich aber im Gäu herum, suche mir einen Sender aus und weiß nicht, welcher das ist, sagt mir meine RDS-Anzeige: Du hörst „Antenne“. Und der Sprecher erzählt mir dann entweder, Du hörst „Antenne Bayern“ oder „Antenne Stuttgart“. Beide haben die gleiche RDS-Kennzeichnung im Radio - lustig, gell, liebe Telekom. Und bei dem neuen Lokalsender Radio-TON-Regional kommt's noch dicker. Höre ich in Heilbronn auf der 103,2 das Programm aus dem Heilbronner Studio, schaltet sich bei der Reise durch die Region mein Radio dank RDS auf die 103,5 aus Bad Mergentheim. Und dann höre ich abwechselnd - ganz nach Bodenbeschaffenheit - diese oder jene Musik, auf jeden Fall durchaus unterschiedliche beim gleichen Sender. Ja, so ist das halt - mit meiner haltlosen Heimatliebe auf dem Turm zu den Heimatsendern.

Justiz-FallEigentlich sollte man es unter dem Stichwort „Kurios“ ablegen. Das, was in Heilbronn zwischen dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dietz und seinem Kontrahenten in der Tageszeitung Gerd Kempf abgeht. Aber das Gerangel zwischen Redakteur und Staatsanwalt - das erinnert ein wenig an den Roman und Theaterschwank „Der Maulkorb“ - nach Heinrich Spoerl. Da scheint ja auch die bürgerliche Weltordnung durch eine unerhörte Missetat beinahe zum Einsturz zu geraten. Dabei ist alles nur ein „Mißverständnis“. In Heilbronn jedoch scheint es keines zu sein. Denn seit Wochen beschäftigen sich die Zeitung, Landtagsabgeordnete, Generalstaatsanwalt und das Heilbronner Stadtgespräch mit dem Fall, der zum „Fall Dietz“ hochstilisiert ist. Und der Hintergrund? Der Staatsanwalt hält den Reporter für nicht kompetent. Und die Zeitung den Leitenden Staatsanwalt in Heilbronn offenbar auch nicht. Zumindest, was die Achtung und Wahrung der Pressefreiheit angeht. Die Noten sind ausgetauscht. Jetzt geht's um die Folgen. Nicht alles, was in der Presse steht, ist wahr. Das ist sicher absolut richtig. Und nicht alles, was vor Gericht verhandelt und abgeurteilt wird, mag der Justiz zur Ehre gereichen. Siehe Deckert-Urteil. Aber es menschelt halt überall, wo Menschen sich aufplustern. Darum meine Bitte: tiefer hängen. Es gereicht der „Fall Dietz“ der Stadt Heilbronn und seiner Justiz, geschweige denn der Presse nicht zur Ehre. Der demokratische Staat wankt nicht in seinen Grundfesten, wenn man sich darauf einigt, künftig „fair, sachlich und informativ“ miteinander umzugehen.

Rücken zur WandDie Polizei - ja, die hat derzeit einen wahrlich schweren Stand im Stadt- und Landkreis Heilbronn. Denn vergangene Woche habe ich mich zu früh gefreut. Eigentlich dachte ich ja, die Ordnungshüter sind endlich den Gaunern, die seit Monaten mit ihre Einbrüchen das Unterland unsicher machen, auf die Spur gekommen.. Weit gefehlt, die Diebesserie geht weiter.

Unter Dach und Fach
Na also, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist unter Dach und Fach. Nun darf man gespannt sein, wie die Herren Bürgermeister, denn die haben in dem Gremium ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, Heilbronn und die umliegenden Gemeinden vorwärtsbringen. Konkurrenz zur Industrie- und Handelskammer darf es nicht geben. Aber die kümmert sich ja auch besonders um die Region Franken.

Zu lasch?
Jetzt endlich wird die Polizei in Sachen Kurdische Arbeiterpartei (PKK) aktiv. In den letzten Wochen durchsuchte sie Wohnungen und Vereinsheime. Auch in der Heilbronner Uhlandstraße wurden die Beamten fündig. Aber warum erst jetzt? Schon lange steht fest, daß Deutschland von radikalen und manchmal auch kriminellen Ausländerorganisationen als „Ruheraum“ mißbraucht wird. Leider auch öfters unter dem Deckmäntelchen des Asylgesuchs. Bislang haben sich die Behörden zurückgehalten - auch in Heilbronn. Zeit, daß endlich bestehende Gesetze angewandt werden. Denn die PKK wurde im März dieses Jahres rechtskräftig verboten.

UnverständlichIch als steinernes Männle darf als Mensch wie Du und ich Auto fahren. Und Vater Staat kassiert natürlich jedes Jahr die Kraftfahrzeugsteuer. Jetzt habe ich einen Brief vom Heilbronner Finanzamt bekommen, in dem ich darauf aufmerksam gemacht werde, daß bald meine Kraftfahrzeugsteuer fällig wird. Doch nun kommt´s: Die vom Finanzamt sagen mir nicht, wieviel ich berappen muß. Das sei zu teuer. Nicht zu teuer ist aber eine Einzugsermächtigung, die das Finanzamt gleich auf dem Briefle mitgeschickt hat. Da versteh einer die Welt noch.

Büttel
Der Mann rechnet sich. Untergruppenbach hat seit einigen Wochen einen sogenannten Vollzugsbediensteten. Der Büttel alter Schule stattet Falschparker mit Strafzetteln aus. Denn in Untergruppenbach wird wie vielerorts gerne auf dem Gehsteig geparkt. Fußgänger, Mütter oder Väter mit Kinderwagen, kommen da nicht mehr vorbei. Dem wilden Parken bereitet der Büttel ein Ende. Sehr erfolgreich übrigens, kaum ein Autofahrer aus dem Ort, der noch nicht mit einem Bußgeld bedacht wurde. Das Geld fließt in die Gemeindekasse. Der Mann rechnet sich.

Nett, nett
Na, das ist doch mal nett. Da verkünden die Unterländer Zahnärzte, daß sie ihre Patienten garantiert behandeln, also den Honorarstreit nicht auf dem Rücken der Patienten austragen wollen. Das wäre ja auch noch schöner. Die Zahnärzte müssen sich wie alle Bürgerinnen und Bürger daran gewöhnen, daß die fetten Jahre vorbei sind. Warum soll ein Zahnarzt nicht auch Einkommensbußen verzeichnen müssen? Und zeige mir mal einer den Dentisten, der am Existenzminimum herumkrebst.

1 Kommentar: