Dienstag, 1. September 2009

Kiliansmännle, 06.07.1994

Der Morgen danachEs ist die hohe Zeit der Gassen-, Straßen- und Stadtfeste. In diesen heißen Tagen fließt so mancher Liter Bier, so manche Rote wird vertilgt, so manches Cola zur Kühlung der Kehle eingesetzt. Und wohin mit dem Leergut? Viele veranstaltenden Vereine und Kommunen sind dazu übergegangen, Geschirr statt Pappteller, Gläser statt Plastikbecher einzusetzen - sehr gut. Aber es gibt immer noch genügend Festivitäten, bei denen am Morgen nach der großen Sause, Straßen und Gassen von Scherben und Pappmüll übersät sind - ganz schlecht. Ich meine, wenn schon das Ökologiefähnchen überall hochgehalten wird, muß es möglich sein, Pappe und Plastik die Rote Karte auf Straßenfesten zu zeigen.

International bekanntSage noch mal einer, Heilbronn sei eine unbekannte Größe. Stichwort ,,Gaffenberg-Festival". Da kehrte doch unlängst eine Kollegin von einer kurzen Dienstreise aus England zurück. Und was ist der jungen Dame im Pub - bei uns ist das ganz einfach die Wirtschaft - passiert? Als sie so am Tresen in der südenglischen Stadt Brighton gestanden habe, erzählt sie mir, habe ein junger Brite sie angesprochen und gefragt, ob sie deutsch sei. Man kam ins Gespräch und schnell stellte sich heraus, daß der gute Englishman vor einem Jahr mit Freunden beim Gaffenberg-Kultur-Orgasmus gewesen war. Seitdem, so der Brite zur Deutschen, sei Heilbronn für ihn zum Inbegriff für Lebensfreude und Kulturgenuß geworden.

KulturtageKultur an allen Ecken und Enden - am vergangenen Wochenende in und um Heilbronn. Bei den Burgfestspielen sahen mehr als tausend Leute das Musical „Anatevka“. Alle zwanzig Vorstellungen sind ausverkauft. Macht 20 000 Besucher - und ein paar mehr am Ende der Spielzeit . Beim 1029. Wimpfener Talmarkt rechnet man insgesamt mit 300 000 Menschen. Am Wochenende waren es schon 180 000. Und bei den Kulturtagen in Heilbronn tummelten sich an vier Tagen rund 20 000. Und die Käthchenstadt erlebte ein Open-Air-Konzert, das auch jene hören durften, die keinen Eintritt entrichtet hatten. Denn über der Stadt, in den Gassen und Straßen dröhnte die Festival-Musik lautstark und gut vernehmlich. So hatten wenigstens alle was davon, auch jene, die ihre Ruhe an den heißen Sommerabenden haben wollten. Akustischer Umweltschutz pur!

Kleines ÄrgernisIm Rathaus und bei der Heilbronner Polizei hat man freilich immer wieder seine liebe Not mit den Leuten, die überhaupt nichts vom Kulturfest auf dem Gaffenberg halten. Beispielsweise die Trimmer und Traber - sowie die Waldspaziergänger. Die sind es gewohnt mit dem Auto zum Gaffenberg zu fahren, dort zu parken und dann auf den Trimm-Parcour zu gehen, um zu laufen oder den Hund Gassi zu führen. Während des Festivals war das nicht möglich. Manch einer beschwerte sich. Mein Gassi- und Trimm-Tip: Liebe Jogger und Hundefreunde, laßt euer heilix Blechle am Fuße des Gaffenberges stehen und lauft ein paar Meter mehr. Der Figur und der Kondition sowie dem armen Vieh kann es nicht schaden.

Rot-Grün-RotStellen Sie sich doch nur einmal vor, bei der letzten baden-württembergischen Landtagswahl hätten die Schwarzen mit den Gelben eine Minderheitsregierung gemacht - und sich von den Reps im Landtag tolerieren lassen. Wär ja rein rechnerisch möglich gewesen. Wie hätten die Genossen in der SPD da geschrien. Und ich hätte ihnen nur zustimmen können. Mit Rechtsradikalen paktiert man nicht - weder so noch anders. Genauso wenig wie mit Linksradikalen. Aber in Sachsen-Anhalt macht die SPD das jetzt. Rot-Grün-Superrot - das ist das Markenzeichen der neuen Linkskoalition. Und wenn es nach den Linken in der SPD auch bei uns im Ländle geht, dann dürfte das die Musterkoalition für Bonn nach dem 16. Oktober sein. Ich meine, das wäre Volksfront im Toskana-Stil. Aber eine Schande für das neue Deutschland. Denn von erklärten Feinden der Demokratie läßt man sich auch nicht tolerieren. Die bekämpft man - mit allen Mittel, die der freiheitliche Rechtsstaat zur Verfügung stellt.

Ozon-NachschlagDer Ozon-Versuch brachte auch eines an den Tag. Trotz Tempobeschränkung auf 60 Km/h staute sich der Verkehr immer wieder auf dem Autobahnabschnitt der A 6. Das mag mit an den Unfällen gelegen haben. Aber entscheidender, verriet mir ein Beamter der Autobahnpolizei Weinsberg, sei wohl der hohe Lastwagenverkehr, auf den der zweispurige Abschnitt nicht ausgelegt ist. Diese Überlastung der A 6 gefährdet übrigens auch die Logistik- und Reisedisposition der Unternehmen im Heilbronner Raum.

Nachgehakt Was ist denn nun mit der Aktion „Zaun weg!" Herr Oberbürgermeister Dr. Manfred Weinmann? Immer noch ist die Waldheide nicht für Menschen geöffnet, die dort spazieren wollen. Dürfen Sie die Umzäunung nicht niederreißen oder wollen Sie nicht? Es wird langsam Zeit, die Amerikaner sind nicht mehr da. Das haben Sie doch sicher auch schon gemerkt.

SenderfusionIn Heilbronn und der Region Franken senden derzeit drei Hörfunksender ihr Heimatprogramm für die Schwaben und Franken zwischen Neckar und Main: das Frankenradio, die regionale Stimme des Süddeutschen Rundfunks, Radio Regional Heilbronn, der Privatsender aus dem Hause Heilbronner Stimme, an dem viele Verlage aus der Region beteiligt sind, und Radio TON aus Bad Mergentheim, hinter dem zwei Zeitungsverlage (Rhein-Neckar-Zeitung und Rheinpfalz) und eine Bürgergesellschaft stehen. Und das wird sich ab 1. Oktober 1994 ändern - so der erklärte Wille der Landesanstalt für Kommunikation LfK in Stuttgart. Radio Regional und Radio TON aus Bad Mergentheim, beide bisher „Regionalsender“, werden zu einem neuen „Lokalsender“ zusammengelegt. In der neuen Radio-Gesellschaft werden die Anteilseigner von Radio Regional 49 Prozent, die von Radio TON 51 Prozent der Anteile halten. Damit haben sich die beiden privaten Radio-Macher einem LfK-Vorschlag gebeugt. Firmensitz der neuen Radiogesellschaft bleibt Heilbronn. Die Studios in Bad Mergentheim und der Käthchenstadt sollen wie bisher weitergeführt werden. Und der Name des neuen Radios an 1.Oktober? Radio TON Regional. Klingt wie Rundfunk aus der Ziegelei. - Öffentlichrechtlicher und privater Rundfunk dann zu zweit in trauter regional-lokaler Konkurrenz nebeneinander? Hoffentlich! Das Frankenradio hört man übrigens in Heilbronn auf der UKW-Frequenz 99,5, Radio Regional auf 103,2 und Radio TON auf 102,1.

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