Dienstag, 1. September 2009

Kiliansmännle, 08.06.1994

Böckinger SeewasserWir in Heilbronn, mir sends halt. Dr Kleist hots Käthchen erfunden. Ond mir? Die Heilbronner Brockefresser überlasset denne von Jagschthause mit ihre Baronsfestspiele und dem Goethe-Götz den Lorbeerkranz. Dabei hättet mir heut noch Käthchenfeschtsbiele, wenn die Hornochse uffam Rathaus noch em Krieg uffbaßt hättet. Ofonge und nix zum guete End bringe. so isch halt - mir send Heilbronn. Bei ons finden Spätzleskriege statt, bei ons fressset d‘Männer Antibabypille und moinet, dr Saft wird dadurch scho bremst. Und jetzt gibt no en See, wo koin Wasser hat. Beim Ziegeleipark in Böckinge. 16 Millionen hat dr Dinger koschdet. Schon längschd hätt des Grünzeug eingeweiht sei müeße. Aber s‘Wasser isch halt immer weg, trotz Nachfülla. Dabei hend schlaue Leit schon teure Gutachta gmacht. Aber s‘Wasser vom Ziegeleipark-See wird halt net mit em Bleistift gfunda, sondern mit dem Verstand. Und der isch im Kopf und net in der Händ.

D-Day in Heilbronn
Fünfzig Jahres ist‘s jetzt her. Ich erinnere mich genau. Im Morgengrauen des 6. Juni 1944 landeten 135 000 alliierte Soldaten und 20 000 Fahrzeuge an fünf Küstenabschnitten der Normandie und stürmten den deutschen „Atlantikwall“. Die Befreiung der europäischen Völker von den Nazis und vom Faschismus nahm konkrete Formen an. Und der Terrorstaat in Deutschland? Der wollte weiterkämpfen bis alles in Scherben fällt - wie Goebbels es befahl: „Nun Volk steh auf, und Sturm brich los“. In den letzten zehn Kriegsmonaten brach die wirkliche Hölle über Deutschland herein. Und in ihr versank das Deutsche Reich auf Nimmerwiedersehn - zusammen mit dem alten Heilbronn. Gottseidank wurden wir im Unterland von den Amerikanern befreit. Warschau, Prag, Budapest und Ostberlin bekamen ihre Freiheit erst viereinhalb Jahrzehnte nach dem westlichen Vorstoß in der Normandie. Ganz schlicht gesagt: viele alliierte Soldaten starben damals für unsere Freiheit. Ihnen gebührt unser Dank. Sie sind nicht umsonst gestorben.

Schirmherr Herzog
Der Förderverein „Freunde der Burgfestspiele Jagsthausen“ hat einen Vorsitzenden, der sich jetzt nach seinem Nachfolger umschauen muß. Professor Dr. Roman Herzog, unser frischgewählter Bundespräsident bleibt Jagsthausen jedoch erhalten: als Schirmherr der Burgfestspiele. Und das paßt auch. Roman Herzog will sich so wenig verbiegen lassen wie jener Götz von Berlichingen, der von Goethe so knorrig in die Theaterlandschaft gesetzt wurde. Schelte hat er einstecken müssen, der Roman Herzog - nach seiner Dankesrede im Berliner Reichstag. Er hat halt nicht alles gesagt, was sich bestimmte Leute so gewünscht haben. Reformen hätte er anmahnen müssen, meinen die Besserwisser: Ausländerwahlrecht, Verfassungsrang für Behinderten- und Umweltschutz, gesetzliche Frauenquote, Höherbesteuerung der Besserverdienenden, Verbot der Pelztierhaltung, Subventionierung der Aidshilfe, der Wind- und Wasserenergie sowie der vegetarischen Verpflegung, Vermehrung der ABM-Stellen, Tempolimit auf Autobahnen, Erhöhung der Mineralölsteuer, Rehabilitierung der Stasi-IM, Versöhnung mit der RAF, Streichung des § 218, Straffreiheit für Rauschgiftkonsum und Ladendiebstahl, Anhebung der Sozialhilfesätze, gleiche Löhne in Ost und West, Abschiebestopp für ausgewiesene Asylbewerber, Anerkennung des Kircheasyls und anderes mehr. - Er tat es nicht. Denn er will ja Präsident aller Deutschen sein.

Weinbau I
Weiter so Rolf Kieser! Brackenheims Bürgermeister lädt zusammen mit der ,,Stiftung Europäisches Naturerbe" (Euronatur) zum zweiten Internationalen Kongreß ,,Weinbau und Umweltschutz" in die Heuss-Gemeinde ein, und zwar vom 23. bis 25 Juni. Das nenne ich gelungenes Stadtmarketing. Denn hochkarätige Gäste, wie Weinbaupräsident Hermann Hohl, Umweltminister Harald B. Schäfer oder Dr. Lorenzo Corino vom italienischen Landwirtschaftsministerium werden dafür sorgen, daß nicht nur regional über die Weinbau-Gemeinde Brackenheim berichtet und gesendet wird.

Weinbau IIBeim ersten Kongreß dieser Art, 1992 in Brackenheim, wurde deutlich, daß sich Weingärtner und Umweltschützer zunehmend aufeinander zubewegen. Der Weinbau hat sich neuorientiert und damit schon viel für die Umweltvorsorge geleistet. Die Wengerter haben beispielsweise Dünge-, Schädlingsbekämpfungs- und Anti-Pilzmittel erfolgreich verringert. Und unter uns Viertelesschlotzern: der Wein ist deshalb bestimmt nicht schlechter geworden. Übrigens ist die Öffentlichkeit beim Kongreß nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil, am 25. Juni, ab 16 Uhr und am 26. Juni ab 11 Uhr wird die Veranstaltung Natur und Wein eingeläutet. Wandern und Feiern in den Weinbergen von Brackenheim, Dürrenzimmern, Haberschlacht, Hausen a. D. Zaber, Neipperg und Stockheim, 30 Weinprobier- und Imbißstände sind doch etwas. Kieser und Euronatur erwarten einige Gäste aus Piemont und Burgund. Ich bin gespannt, wie denen unsere Viertele schmecken.

WahlkampfWo ich steh und geh - Wahlkampf. Für die Wahl zum Europaparlament, für die Kreistage und die Gemeinderäte. Und da stehen sie nun am Straßenrand, die Wahlplakate-Ständer, vom Wind in Schieflage gebracht, vom Regen ausgelaugt, die Plakate teilweise heruntergespült, zerfetzt. Kein schöner Anblick. Noch schlimmer ist es aber, wenn die Plakatständer auf der Straße herumliegen, die Plakate im Rinnstein von sich hinmodern. Unfallträchtig! Da sollten sich die Parteien doch was besseres einfallen lassen, als die Mittel- und Randstreifen der Straßen so zu verschandeln.

Zuviel des Guten
Aber bitte nicht vergessen: am Sonntag, 12. Juni ist die Wahl - bis 21 Uhr am Abend sind die Wahllokale geöffnet. Das ist aber nicht zu lesen - auf den Schilderwänden mit Wahlwerbung längs der Straßen in und um Heilbronn herum. In den kleineren Gemeinden um die Stadt mit dem Kiliansturm wird übrigens noch einer nachgelegt in Sachen Stimmenfang. Haben Sie mal versucht, Einkaufen zu gehen, ohne von einem Kommunalpolitiker behelligt zu werden? Sie haben das geschafft? Glückwunsch, ich nicht. Vor dem Bäcker verteilt die SPD ihre obligatorische Rose. Beim Metzger erhalte ich ein Hochglanzpapier, auf dem ,,meine CDU-Kandidaten" sich vorstellen und die freien Wähler flankieren die Eingangstür zum Konsum mit prall gefüllten Luftballons. Weniger Werbung wäre da mehr, meine ich.

Theater - Spitze!Das Stadttheater in Heilbronn kann auf die noch laufende Spielzeit mit Stolz schon jetzt zurückblicken. Mehr als zweihunderttausend Besucher sind gezählt. Und der Spielplan für die kommende Spielzeit 1994/95 verspricht neue Rekorde. Mit Shakespeares „Der Sturm“ gibt‘s am 13. September den Premierenauftakt. Und Ende November kommt dann ein Theaterstück über das heutige Heilbronn zur Uraufführung. „Der Weg zum Bahnhof“ heißt es und ist von der Berliner Autorin Irina Liebmann als Beitrag des Theaters zum 50. Jahrestag der Zerstörung Heilbronns am 4. Dezember 1944 konzipiert. Mit der Regisseurin Karin Drechsel zusammen überarbeitet sie zur Zeit ihr Theaterstück „mit exemplarischen Episoden aus dem Leben in der deutschen Provinz“.

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