Dienstag, 1. September 2009

Kiliansmännle, 20.07.1994

Rot-Grün-RotStellen Sie sich doch nur einmal vor, bei der letzten baden-württembergischen Landtagswahl 1992 hätten die Schwarzen (39,6 %) mit den Gelben (5,9 %) eine Minderheitsregierung gemacht - und sich von den Reps (10,9 %) im Landtag tolerieren lassen. Wär ja rein rechnerisch möglich gewesen. Wie hätten die Genossen in der SPD (29,4 %) und die Grünen (9,5 %) geschrien. Und ich hätte ihnen nur zustimmen können. Mit Rechtsradikalen paktiert man nicht - weder so noch anders. Genauso wenig wie mit Linksradikalen. Aber in Sachsen-Anhalt macht die SPD das jetzt. Rot-Grün-Superrot - das ist das Markenzeichen der neuen „Einheitsfront de luxe“. Und wenn es nach den Linken in der SPD auch bei uns im Ländle geht, dann dürfte das die Musterkoalition für Bonn nach dem 16. Oktober sein: Volksfront im Toskana-Stil. Aber eine Schande für das neue Deutschland. Denn von erklärten Feinden der Demokratie läßt man sich auch nicht tolerieren. Die bekämpft man - mit allen Mittel, die der freiheitliche Rechtsstaat zur Verfügung stellt.

... und weise
60 Jahre und kein bißchen weise. Das sang einst Curd Jürgens, teutonischer Kleiderschrank und filmischer Exportartikel Deutschlands Nummer eins. Heilbronns Oberbürgermeister Dr. Manfred Weinmann feierte am vergangenen Sonntag seinen 60. Geburtstag. Er war nie ein Exportartikel - dafür ist er ein „waschechter Neckargartacher“ und somit der Sohn der Stadt Heilbronn. Aber leicht hat er es nicht immer mit seinen Heilbronnern gehabt. Bei seiner zweiten OB-Wahl: Sieg im ersten Wahlgang mit nur knapp mit über 50 Prozent, wie schon bei der ersten Wahl 1983 gegen Dr. Erhard Klotz. Aber diese kleine Schmach schien am Sonntag bei der Feier mit Empfang im Foyer des Heilbronner Stadttheaters vergessen. Alles, was Rang und Namen hatte gab sich ein Stelldichein: an der Spitze der stellvertretende Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Dr. Dieter Spöri. - Vom Turm herab: nachträglich herzlichen Glückwunsch und eine sichere Hand beim Verwalten und politischen Führen der Käthchenstadt, der es in diesen Krisenzeiten noch am Kick mangelt. Vor allem wirtschaftlich und beim Verkehr.

WM adieuDas war es nun: Brasilien ist Fußballweltmeister, dank eines nicht gerade sportlichen Elfmeterschießens, Italien zweiter und Schweden dritter. Deutschland - sprechen wir nicht drüber. Da kommt was auf uns zu - bertiemäßig. Und Italien - weint es? Der tragische Held - Roberto Baggio - mit dem langen Zopf am Hinterkopf hat geweint. Und viele kleine und große Mädchen im Unterland, nicht nur Italienerinnen, haben haben Tränen der Trauer vergossen als ihr Traumheld den entscheidenen Elfmeter vergeigte. Aber in vier Jahren gibt es wieder eine Fußball-WM. Das ist Trost genug. Und bis dahin fließt noch viel Wasser den Tiber und auch den Neckar hinunter. Und viel gutes deutsches Bier in stramme Fußballerwaden. Aber ob das langt, um mal wieder den Pokal zu holen ?

Licht und Luft
Die Theater unter freiem Himmel haben jetzt Hochsaison - nach Beendigung der Fußballweltmeisterschaft. Kein Streit unter Ehepartnern mehr, ob es heute abend nun in die Kultursommerfrische geht oder Fußball vor der Glotze genossen wird. Allerdings in Neuenstadt am Kocher ist die Saison zu Ende. Rund 18.000 Besucher sahen in 21 Vorstellungen den Schwank „Pension Schöller“. Die Laien-Schauspieler haben jetzt Ferien. Wohlverdient. Und im September wird dann darüber beraten, welches Stück 1995 bei den Neuenstädter Spielen geboten wird. Was Ernstes soll's werden. Aber damit haben sich die Laien schon öfter verhoben. Schuster bleib bei deinem leisten. Humor wollen die Theaterbesucher - vor allem in Neuenstadt am Kocher.

Gute alte ZeitEs ist wieder in Mode gekommen - das Brotbacken im eigenen Herd oder, besser noch, im Backhaus. Auch jüngere Hausfrauen oder Hausmänner nutzen diese traditionsreiche Einrichtung, die noch in so mancher Gemeinde steht. Am Backtag wird dann im Backhaus der Ofen ordentlich eingeheizt. Gut Brot braucht eine gute Glut. Zeit für ein Schwätzle muß auch sein. Das Backhaus ist für die Menschen auf dem Lande eine kommunikative Einrichtung wie der Waschsalon für die Städter. Mancher Zeitgenosse hat jedoch selbst daran etwas rumzumosern. Beim Backen qualmt es nämlich recht ordentlich. Klar, wenn das Feuer angefacht wird, kommt nicht nur Wasserdampf aus dem Schornstein. Und ein Backhaus kann auch nicht mit modernster Filtertechnik aufwarten. Deswegen steht dann schon einmal ein paar Minuten dicker Qualm überm Backhaus. Nicht gerade schön für die Anwohner. Aber die sollten beide Nasenlöcher zuhalten, denn die Tradition ,,Backhaus" darf ich irgendwelchen selbsternannten Umweltschützern zum Opfer fallen, die womöglich die Rauchgasentschwefelung fürs Backhaus fordern.

Eine Tugend?
Pünktlichkeit ist eine Tugend? Ja, mir hat man das beigebracht. Und unsere Gerichte, Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte legen da ja normalerweise großen Wert darauf. Wer bei Gericht Fristen versäumt, kann ganz schön in Schwierigkeiten kommen. Selber allerdings nehmen es manche Rechtsvertreter mit der Pünktlichkeit nicht so genau. Unlängst war es, im Prozeß um die Ermordung des Militariahändlers Bröll vor der Heilbronner Schwurgerichtskammer. Da erschien eine Schöffin erst mit erheblicher Verspätung. Die Öffentlichkeit wurde von der Verspätung der Beweisaufnahme freilich nur mit genauso erheblicher Verspätung in Kenntnis gesetzt.

Theater auf dem SchiffNun ist er also wahr geworden, der Traum vom ,,Theaterschiff Heilbronn". Ab Sommer 1995 soll im Heilbronner Wilhelmskanal das erste Theaterschiff Süddeutschlands vor Anker liegen. Doch die Geschichte hat einen kleinen Haken. Es geht nämlich wie immer ums Geld. Jeder Freizeitkapitän weiß, daß der Unterhalt eines Kahnes nicht gerade billig ist. Und auf allzu viel Zuschüsse aus den Töpfen des Landes oder der Stadt können die Theaterschiff-Macher nicht hoffen. Die Kassen sind leer. Man darf also gespannt sein, wie das Theaterschiff über Wasser gehalten wird. Mit den Eintrittsgeldern bestimmt nicht. Die Sponsoren müssen also tief in die Taschen greifen.

WahlkampfRund 200 Millionen Mark wollen die Parteien in Deutschland im Superwahljahr 1994 für Wahlkämpfe ausgeben. Den Ausgaben stehen 330 Millionen Mark an Einnahmen aus Steuergeldern gegenüber. Und was kriegen wir Bürger dafür? Bierdeckel, Papierfähnchen, Luftballons, Kugelschreiber, Kondome und viel bedrucktes Papier - als Broschüre oder Wahlplakat. Einen kräftigen Schluck aus der Steuerflasche haben sich da die Parteimanager genehmigt. Und hinzu kommen noch 654 Millionen Mark für die sogenannten parteinahen Stiftungen - soviel waren es jedenfalls 1993. Mehr Sparsamkeit ist angesagt - in diesem Jahr der Krise. Mit gutem Beispiel vorangehen, meine Damen und Herren Politiker(innen). Wir brauchen nicht mehr klotzige Wahlwerbung, sondern eine gute, an den Sorgen und Nöten des kleinen Mannes orientierte Politik.

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