Mittwoch, 2. September 2009

Kiliansmännle, 05.10.1994

Unterland Ausstellung
In Heilbronn ist der Feschtles-Reigen vorüber. Unterländer Volksfest und Weindorf 1994 sind schon wieder Geschichte. Und auch die Unterland Ausstellung auf der Theresienwiese, weniger ein Fest, mehr eine festliche Schau für Industrie, Handwerk und Handel, hat am Montag ihre Tore geschlossen. Alle zwei Jahre soll sie für uns Konsumenten „das“ Wirtschaftsereignis der Region sein. Heuer war‘s das erste Mal im Herbst - zehn Tage lang. Fröhliche Gesichter, gute Laune und positive Einstellung zum Wirtschaftsgeschehen sollten unseren kleinen wirtschaftlichen Aufschwung beflügeln. Die Afag-Ausstellungsgesellschaft aus Nürnberg richtete zum siebenten Mal im Auftrag der Stadt die Unterland Ausstellung aus, die im Volksmund noch immer schlicht „Unterländer Ausstellung“ genannt wird. In früheren Jahren hatte man mit Bandwurmnamen experimentiert, angeblich aus juristischen Gründen. Trotz aller demonstrativen Zuneigung, die zwischen Stadt und Afag gepflegt wird: manche Beobachter meinen, daß bald ein Wechsel bei den Ausstellungsmachern angesagt ist. Nicht weil die Afag des Heiko Könicke schlechte Arbeit geleistet hätte - rund 99.000 Besucher sind schließlich eine ansehnliche Zahl -, sondern weil der Wechsel das Geschäft belebt. Außerdem: die Kleinmessen in der Region haben - gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl - weitaus mehr Erfolge vorzuweisen.

FremdeFremde brauchen Freunde - so das Motto der „Woche des ausländischen Mitbürgers“ in Heilbronn. Multikulturelle Schlemmertage, Gespräche zwischen Christen und Muslime, Kindertheater, Ausstellungen, Auftritte von Tanzgruppen. Das klingt schön, wird vielleicht auch interessant - und ist gut gemeint. Aber wenn‘s ganz hart, super-konkret wird? Was dann? Zum Beispiel in Kirchardt am Neckar, dort wo die syrisch-orthodoxe Kirche ein Zentrum im Industriegebiet bauen will. 38 Meter lang, 20 Meter breit und 14 Meter hoch. „Haben die überhaupt kein Fingerspitzengefühl.“, hieß es in der Ratsrunde. Und eine Rätin meinte gar: “Daß die Kirche ins Industriegebiet geht, sehe ich nicht gerade als Zeichen ihres Integrationswillens an.“ - Jawoll, Frau Oberlehrerin, so isch halt au wieder - mit denne Ausländer. An ihren Worten erkennt ihr sie, die Wahrhaftigkeit der sonst so Fremdenfreundlichen. Anstatt sich über die Bereicherung durch ein neues Gotteshaus zu freuen, wird geschimpft und verhindert. Was würden unsere ach so toleranten Volksvertreter erst sagen, wenn schöne, große Synagogen und Moscheen auf Privatinitiative in unseren Städten und Gemeinden frisch entstünden? Fremde brauchen eben Freunde.

IHK-GästeabendJedes Jahr im Herbst in der Heilbronner Harmonie: Gästeabend der Industrie- und Handelskammer Heilbronn, die bekanntlich den Wirtschaftsraum der Region Franken umfaßt. Heuer war‘s der dreiundzwanzigste, am Dienstag, den 27. September. Wer alles da war, das ist nachzulesen im „Who is who?“, einem Büchlein mit der Auflistung sämtlicher Eingeladener. Ob sie auch alle anwesend waren, das ist die vernachlässigbare Frage. Die anwesenden rund 800 Vertreter aus Industrie, Handel, Politik, Vereinen und Verbänden waren der Einladung des IHK-Präsidenten Otto Christ gefolgt, um interessante Gespräche zu führen und neue Kontakte zu knüpfen. Und um nachzuprüfen, welchen Stellenwert sie noch im wirtschaftlichen Leben der Region genießen. Eben: Who is who? Besonders beäugt in diesem Jahr: der neue Chefredakteur der Heilbronner Stimme, der beim zweitwichtigsten Wirtschaftsereignis der Region, der Unterland-Ausstellungseröffnung noch nicht gesichtet wurde.

IHK-Wahlkampf?Der Silberstreif am Wirtschaftshorizont war das Hauptthema bei diesem IHK-Gästeabend. Nicht aber im Festvortrag des Vorsitzenden der Voith-Konzern-Geschäftsführung Heidenheim Dr. Michael Rogowski - Thema „Quo vadis Baden Württemberg?“. Wo‘s demnächst langgeht mit dem Ländle, so sagten mir Unternehmer, hätte der Manager seinen Zuhörern nicht erzählt, dafür aber über eine Stunde lang fachchinesisch schwadroniert, die deutsche Politik und Wirtschaft reichlich hart attackiert und den anwesenden Unternehmern durch die Blume schlechte Noten erteilt. Und viele Gäste seien sogar eingenickt, erzählten mir Kenner der Wirtschaftsszene. Reichlich aufgestoßen allerdings sei den IHK-Gästen, daß der festliche Abend der Begegnung zur Wahlveranstaltung umfunktioniert wurde. Der Voith-Manager sprach sich fürs Mehrheitswahlsystem in Deutschland aus und forderte im nächsten Satz die IHK-Gäste auf, den Juniorpartner in der Bonner Koalition am 16.10. zu wählen. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern auch ein wenig aufdringlich. Ich kann mir vorstellen, daß dieser 23. Gästeabend im IHK-Präsidium noch sein Nachspiel haben wird.

Taxi-Krise„Ich wart‘ auf ein Taxi, aber es kommt net“. Wer kennt ihn nicht , den Song, in dem ein Mann vergeblich versucht, mit dem Taxi zu fahren. In Heilbronn wäre ihm das nie passiert. An den drei großen Bereitschaftsplätzen der Taxifahrer steht nahezu immer eine der Droschken - ob das nun am Wollhaus, bei der Harmonie oder am Hauptbahnhof ist. Spätestens seit der Gesundheitsreform werden die Taxen seltener gebraucht. Die Sparzwänge der Bundesregierung bedeuteten den ersten empfindlichen Einschnitt ins Umsatzplus der Taxiunternehmen. Doch für die Heilbronner Taxifahrer sollte es noch dicker kommen. Mit dem Abzug der amerikanischen Soldaten wurden die Taxifirmen um vieles ärmer. Die Amis fuhren gerne und viel Taxi. „Besonders in Zeiten, als der Dollar noch beinahe vier Mark wert war. Da waren die mehr mit dem Taxi als mit dem eigenen Auto unterwegs.“, erzählte mir ein Taxifahrer, der gerne Kasernenpersonal chauffiert hatte. Gespannt darf man sein, ob die Taxigrundtarife nun von der Stadt erhöht werden.

WahlkämpferEs geht um alles. Allerorten merkt der Bürger, daß die letzten Reserven für die Bundestagswahl am 16. Oktober mobil gemacht werden. An Wahlständen habe ich Wahlhelferinnen und Wahlhelfer gesehen, die gerade mal „jugendlich“ zu nennen sind. Dann werden die Informationsstände der einzelnen Parteien vorzugsweise vor Einkaufszentren plaziert. Klar, warum: Hier kommen am meisten Leute vorbei. Und die müssen ja an den Wahlkämpfern vorüber, sonst hat die Familie nichts zum Frühstück, Mittag- oder Abendessen. Diese Auswüchse der Wählerwerbung sind wohl kaum zu vermeiden. Ein Riegel gehört aber vorgeschoben, wenn Politikerinnen und Politiker die Kindergärten des Unterlandes heimsuchen, um - ohne daß die Mütter und Väter eigentlich wollen - mit eben diesen Eltern über die richtige Familienpolitik zu diskutieren. Wenn, dann kann man zu Veranstaltungen einladen, aber nicht nach Kindergartenschluß einfach anrücken, um sich potentielle Wählerinnen und Wähler zu schnappen. Die Bürgermeister bzw. Kirchen der betreffenden Kommunen - das sind nämlich die Kindergartendienstherren - müßten in solchen Fällen von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und den Wahlkämpfern die Tür weisen.

Neues Radio?
In und um Heilbronn herum ist ein neues Radiozeitalter angebrochen. Besser und weiter, scheint die Devise zu heißen. Zwei private Sender haben jetzt in der Region das Sagen: Radio Regional Heilbronn und Radio TON Bad Mergentheim heißen die beiden Gesellschafter einer neuen Rundfunkgesellschaft. Interessant an dieser Mediengeschichte: bei beiden Sendern, also Radio Regional und Radio TON, sind die starken Frequenzen 102,1 und 100,1 weggefallen. So wollte es die Landesanstalt für Kommunikation. Und von einer großen Zusammenlegung der Sender kann man vorerst wohl auch nicht sprechen. Zumindest, was das Programm angeht, vernehmen die Hörer im Raum Heilbronn seit dem 1. Oktober auf der Frequenz 103,2 das Wort- und Musikprogramm von Radio Regional und im Bereich Mergentheim das von Radio TON - und beide unter dem Markenzeichen „Radio TON Regional“. Anders sieht das beim Bereichssender Antenne 1, Sitz Stuttgart, aus. Dieser Sender ist der große Gewinner in der neuen Medienlandschaft. Antenne baut derzeit ein Heilbronner Studio auf und ist auf der Frequenz 101,3 und der alten Stadtradio-Frequenz 89,1 in Heilbronn zu hören- und im Hohenloher Raum auf der alten Radio-Regional-Frequenz 100,1. Die Konsequenz der Medienreform: zwei private Hörfunksender kämpfen in der Region um die Hörer. Und da freut sich der dritte - sprich der Süddeutsche Rundfunk.

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