Mittwoch, 2. September 2009

Kiliansmännle, 17.08.1994

Christo
Er ist ein Verpackungskünstler, das bulgarisch-amerikanische Künstler-Unikum Christo Javachev (59). Bei Miami (USA) zum Beispiel bedeckte er elf Mini-Inseln mit rosafarbenen Kunststoffhüllen. Und im Frühjahr 1995 will er endlich wie schon lange geplant den Berliner Reichstag verhüllen. Aber vorher noch soll das Museum Würth in Künzelsau-Gaisbach an die Reihe kommen. Da der Schraubenkönig Reinhold Würth (ebenfalls 59, 13.000 Mitarbeiter, 3 Milliarden Umsatz) Christo, den Sohn eines Fabrikbesitzers auf Anhieb bei einem Empfang in Hamburg sympathisch fand, beauftragte er ihn, sein Privatmuseum in der Gaisbacher Konzernzentrale (einst 60 Millionen Mark teuer) zu verhüllen. Am 14. Januar 1995 will Christo mit der Aktion beginnen und in zwei Wochen mehrere hundert Quadratmeter Boden und Glasflächen mit weißem Stoff und braunem Packpapier verhängen. Die Aktion soll vier Monate andauern. Weltkunst in Hohenlohe - dank eines echten Mäzens. Mit Ausstrahlung auf die gesamte Region Franken, das Land Baden Württemberg und ganz Deutschland.

SchuldenWissen Sie eigentlich, wieviele Schulden Sie haben? Ich meine jetzt nicht die privaten, sondern jene, die der Staat für Sie gemacht hat. In Baden Württemberg war 1993 jeder Einwohner über die an Kommunen zu leistenden Steuern und Abgaben mit rund 1670 Mark verschuldet. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Anstieg von rund fünf Prozent. Kein Arbeitnehmer hat diese Steigerung in der Lohntüte draufgelegt bekommen. - So gehen sie halt, die Damen und Herren Politiker, mit unserem Geld um. Zur Verantwortung ziehen können wir, die Steuerzahler, sie dafür direkt leider nicht. Aber wir wählen sie - und sollten deshalb genau hin­schauen und auch nachrechnen. Nur wegen dem netten Gesicht und der haltlosen Versprechungen jemanden wäh­len, die Zeiten sind vorbei.

Streit ums WasserDarauf habe ich schon lange gewartet: Der Streit um die Hobbypaddler auf der Jagst ist voll entbrannt. Angriffslu­stig nannte der Vorsitzende des Fischereivereins Herbolz­heim, Hans Eckert, die Freizeit-Paddelei ein Ärgernis ersten Ranges. Die Natur werde dadurch zerstört. Moment, Mo­ment - Herr Eckert, zugegeben, durch die Kanus auf der Jagst wird so mancher Vogel oder Fisch gestört, aber wie sieht es mit den Aktivitäten der Angler und Fischer? Sind das wirklich nur die selbstlosen Naturschützer, wie Sie sie sehen? Wenn es Ihnen, Herr Eckert, wirklich nur um den Erhalt der Natur geht, dann bitteschön müßte angestrebt werden, aus dem Unteren Jagsttal ein Naturschutzgebiet zu machen. Ein bürokratischer Kraftakt wohlgemerkt. Aber dann ist es wohl auch aus mit dem Angeln und Fischen.

Wohlverdienter Ruhestand
Recht so, Erich Schott. Der Schultes aus Massenbachhausen verkündete dieser Tage, daß er nicht mehr kandidieren werde - Ruhestand ist angesagt. Ruhestand? Von wegen! Gut informierte Kreise wissen, daß der 53jährige nicht nur seinen sportlichen Interessen nachgehen wird. Da ist die Rede von einem Engagement in der Firma eines befreundeten Unternehmers im Osten. Nicht schlecht, denn pensionsberechtigt sind Bürgermeister schon viel früher als Otto-Normal-Arbeitnehmer.

Kino-Provinz
Wie war das mit der Großstadt Heilbronn? Vom Kiliansturm sieht sie zumindest so aus - groß eben. Doch was das kulturelle Angebot angeht, so erlebt man doch immer wieder traurige Rückschläge. Da ist die Provinz fortschrittlicher. Warum? Na, versuchen Sie doch mal ,,Vier Hochzeiten und ein Todesfall" im Kino zu sehen. Pustekuchen - die britische Komödie, die selbst in den USA der Renner schlechthin ist, wird wohl in Heilbronn nicht ins Kinoprogramm kommen. Jaeger-Kinos und der entsprechende Filmverleih können nicht miteinander. Engstirnig, und der Zuschauer muß es büßen. Nicht zum ersten Mal übrigens. „Die Firma“, „Schindlers Liste“ und „Jurassic Park“ mußten sich die Zuschauer auch schon in Neckarsulm oder anderswo ansehen.

Öde MeileRunter vom Kiliansturm, rein ins Getümmel. Beim Sommerschlußverkauf habe ich die Geschäfte abgeklappert. Prächtig, was es da alles gab. Gestartet habe ich meine Tour beim Kaufhof und bin dann gepilgert bis zu McDonalds am Ende der Sülmer City. Hier wurde es allerdings trist. Beim Biß in den Hamburger mit Blick aufs Heilbronner Theater dachte ich mir: Irgend etwas fehlt. Nein, nicht dem Hamburger, sondern dem Platz. Der ist öde. Und das schon zu lange. Von attraktiver Stadtplanung keine Rede. Dabei war es genau das, was die Gutachter immer wieder empfohlen hatten: Mehr Freundlichkeit und Leben in die Stadt.

ExotischHeilbronn hat wieder einen SPD-Bundestagsabgeordneten. Zumindest bis 16. Oktober 1994. Dann wird sich weisen, ob Peter Alltschekow das Direktmandat gegen Egon Susset (CDU) holen kann. Alltschekow läßt keine Gelegenheit aus, um von sich reden zu machen. Die Presse ließ er wissen, daß er, Alltschekow, beklage, daß eine Heilbronner Zoohandlung Kaiman-Babies verkaufe. Als ob es nichts Wichtigeres zu verkünden gebe.

Glotze
Klaus Wagner, Heilbronns Theaterintendant, inszenierte in Warschau eine Wagner-Oper. Die von Richard, dem aus Bayreuth. Und wenig später flog der Intendant am Großen Theater in Warschau. Nicht wegen Klaus Wagners Inszenierung, sondern weil er das polnische Staatstheater ins provinzielle abrutschen ließ, meinten Kritiker. Bei Sat 1 fliegt am Ende des Jahres Karl Dall mit seiner Blödelshow „Jux und Dallerei“ aus dem Programm. Der Nachfolger für Dall heißt Michael Tasche (38), einst für kurze Zeit Schauspieler unter Klaus Wagner am Heilbronner Theater. Der Münchner (Ausbildung: Gesang, Tanz, Schauspielerei) hat bereits TV-Erfahrung („Ein Tag wie kein anderer“), soll in der neuen Show seine Studiogäste um mehr als 100.000 Mark spielen lassen. Wenn es ein Erfolg wird, so Sat 1, bekommt Michael Tasche den 20-Uhr-Termin. - Und wenn nicht, wird er Nachfolger von Klaus Wagner. Wer weiß, wer weiß ...

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