Dienstag, 1. September 2009

Kiliansmännle, 25.05.1994

Roman Herzog - ein FreundDer neue Bundespräsident ist ein Bayer, ein Baden-Württemberger, ein Berliner - und dem Unterland ebenfalls freundschaftlich verbunden. Geboren wurde Roman Herzog 1934 in Bayern. Das hört man heute noch. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann er schon mit 30 als Professor in Berlin. In Baden Württemberg war er zunächst Kultus- und später Innenminister. Und momentan ist er noch Präsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe - also bei uns im Ländle. Auch dem Unterland ist er durch seine vielen Besuche und der liebe zum Wein verbunden. Darüber hinaus konnte man ihn als Vorsitzenden des Freundeskreises der Burgfestspiele Jagsthausen bei vielen Premieren in den vergangenen Jahren im Burghof bewundern. Locker und unverkrampft engagierte er sich für die volkstümliche Theaterkunst, die in Jagsthausen alljährlich von Laien und Berufsschauspielern dargeboten wird. Ob er als Bundespräsident nun dieses Engagement fortsetzen kann, das dürfte fraglich sein. Aber vielleicht wird er ja Schirmherr in Jagsthausen und eröffnet in dieser Saison die Götzfestspiele derer von Berlichingen.

Wahl IAm Sonntag, 12. Juni, heißt es, wählen gehen. Europa-Wahl und Kommunalwahlen stehen auf dem Programm. Klar, daß auch ich meine Kreuzle machen werde. Über Wahlwerbung kann ich mich nicht beklagen. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine Partei oder Wählergemeinschaft ihre Kandidaten auf Matt- oder Hochglanzpapier vorstellt. Ohne für irgendjemanden Partei zu nehmen, aber was auffällt, ist, daß auch in den Zeiten der Gleichberechtigung Frauen auf den Wahllisten immer noch weit in der Minderheit sind. Altgediente Kommunalpolitiker erklären, daß es nicht nur daran liegt, Erbhöfe und Stammplätze zu sichern und gegen Zuwachs von außen abzuschotten. Vielmehr sei es immer schwieriger, in Zeiten, in denen Politiker nicht gerade ein besonders gutes Ansehen genießen, Kandidatinnen oder Kandidaten zu finden.

Wahl IIDaß das Vertrauen in Politiker und Politikerinnen nicht gerade größer wird, wenn es so läuft, wie unlängst in Bönnigheim, wundert mich gar nicht. Da hatten sechs Bönnigheimer Bürger an 80 Kandidaten für die Kommunalwahl 1994 Fragebogen geschickt, wollten darin Stellungnahmen zu bestimmten Bönnigheimer Problemen haben. Gerade fünf der Fragebogen kamen ausgefüllt zurück. Bürgermeister in Bönnigheim zu sein, muß eine wahre Wohltat sein. Denn der künftige Gemeinderat kann eigentlich nur ein Ja-Sager- und Kopfnicker-Gremium sein.

Plätze freiPlätze im Altenheim oder im Pflegeheim sind oft rar und teuer. Diese Erfahrung macht jeder, der selber dorthin muß oder einen Verwandten unterbringen will. Für einen Vollpflegeplatz sind dann schon mal bis zu 4000 Mark zu bezahlen. Und nicht für jeden alten Menschen ist immer ein Platz verfügbar. Anders sieht es da im Landkreis Heilbronn aus. Das verriet mir ein Verantwortlicher beim Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern. Der Kreis Heilbronn hatte am 1. Januar 1994 einen Pflegeplatzbestand von 142 Prozent im Vergleich zu anderen Kreisen im Gebiet des Landeswohlfahrtsverbandes. Das ist der Spitzenplatz. Am schlechtesten schnitt der Zollernalbkreis mit 52 Prozent ab. Auch der Stadtkreis Heilbronn landete mit 65 Prozent eher im hinteren Drittel dieser statistischen Auflistung. Es bleibt also noch einiges zu tun für die sozialpolitisch engagierten Politiker der Stadt Heilbronn.

Sehen und HörenIm heißen Süden - aber nicht nur hier gibt‘s seit langem schon ordentlich was auf die Ohren und die Augen. Öffentlichrechtliche und private Fernseh- und Hörfunksender kämpfen um die Gunst von Zuschauern und Hörern. Hier auf meinem Kiliansturm empfange ich so um die dreißig Hörfunkprogramme - und knapp über zwanzig Fernsehprogramme. Verglichen mit der Zeit vor zehn, fünfzehn Jahren: ein Paradies für alle, die aus der Vielfalt ihr Programm auswählen wollen. Jetzt wird in Stuttgart wieder verhandelt. Vornehmlich geht‘s um die Neuverteilung der privaten Hörfunksender in Baden Württemberg. Bis Ende September soll entschieden sein, wer mit wem wie weitersendet. Nach dem altbekannten Motto hoffentlich: die Guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Drei große Flächensender und fünfzehn kleine Lokalsender sollen übrigbleiben. Und ein besonders flotter Sender soll in Stuttgart dazuhin eine Aufwertung bekommen: RTL Baden Württemberg. Bisher ist er auch bei uns schon auf der UKW-Frequenz 100,7 sauber zu empfangen.

AufschwungWirtschaftlich steht die Region um Heilbronn derzeit nicht gut da. Deshalb wird heftig für den Wirtschaftsstandort Region Heilbronn geworben. Ja, wenn‘s um neue Ansiedlungen von Industrie und Handwerk geht, da gibt‘s nicht nur Streit unter den Gemeinden im Bereich „Region Heilbronn“, wie der Wirtschaftsraum Region Franken jetzt offiziell heißt. Beratung wird von der Wirtschaft erwartet. Aber schon heute auf Teufel komm raus beraten - nicht nur im Unterland, sondern in der gesamten Region. Wissenschaft, Verwaltung und Verbände bieten nicht übermäßig koordiniert ihre Dienste an. Und die Gemeinden liegen bei der Gewerbe- und Industrieansiedlungspolitik im heftigen und gesunden Wettstreit miteinander. Aber heutzutage sind Impulse ganz anderer Art gefragt. Und die kommen für die Wirtschaft selten aus den deutschen Amtsstuben. Im Gegenteil: dort sitzen oft Beamte, die mit ihrem Reglementierungs- und Paragraphen-Dschungel mehr verhindern als fördern. Deshalb sollten die zarten Keime des Aufschwungs, der derzeit am Horizont sichtbar wird, nicht durch übermäßige Abgabenbelastungen von Bürokraten in deutschen Parlamenten und Amtsstuben zertreten werden.

Krieg und FriedenWer in Frieden leben will, der muß alles daran setzen, den Krieg zu vermeiden. Als im Irakkrieg Raketen gen Israel flogen, da waren deutsche Politiker vom linken Spektrum zunächst gegen den Krieg im Allgemeinen und dann nur noch betroffen. Wenig später reisten sie mit gesenktem Haupt nach Israel, schauten sich die Trümmer an und wedelten entschuldigend mit dicken deutschen Schecks. Peinlich. Gegen Krieg zu sein heißt auch, mit dem Finger auf Kriegstreiber zu deuten. - 1994 jährt sich der Bombenangriff vom 4. Dezember 1944 zum fünfzigsten Mal. Das Datum nahm der Heilbronner Stadtrat Alfred Dagenbach von den Reps zum Anlaß, im Kulturausschuß des Gemeinderates nachzufragen. Denn Dagenbach wehrt sich „gegen die Heuchelei, sich über die Kriegsverbrechen in Vietnam oder Bosnien aufzuregen und gleichzeitig Kriegsverbrechen am eigenen Volk ständig herabzuspie­len“. Vom 4. Dezember als „ungesühntem Kriegsverbre­chen“ sprach er auch noch. Ein Wahlkampfthema? Unschuldige Menschen mit Bomben oder anderen Waffen bewußt zu töten, das ist bestimmt ein Verbrechen. In welchem Krieg auch immer. Heute aber sollten die Opfer des Zweiten Weltkriegs die Lebenden zur Versöhnung mahnen, nicht zu einem erneuten unheilvollen Auf- und Abrechnen.

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