Dienstag, 1. September 2009

Kiliansmännle, 03.08.1994

Sommer
Der Juli 1994 - ein Sommermonat wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Als die schönste Zeit des Jahres reichlich verregnet war, und das war in den vergangenen zehn Jahren oftmals festzustellen, da war - laut selbsternannten Umwelt-Gurus - die schlimme Klimakatastrophe dran schuld. Ist der Sommer heiß wie jetzt, gilt das gleiche Argument: Klimakatastrophe, durch Menschen verursacht. Klar, die Welt wär ja auch um vieles schöner, naturgerechter, umweltschonender - wenn es Menschen nicht gäbe. Das scheint die katastrophale Botschaft der Unkenrufer aus dem halbsäkularisierten Protestantismus zu sein. So ist das halt, wenn Umwelt zum Religionsersatz wird. Nach außen gekehrte Innerlichkeit in einer Mischung aus ständigem Schuldbekenntnis und permanenter Anklage gegenüber den Unbußfertigen, die die Schreckensbotschaft „Umweltverschmutzung“ nicht ständig vor Augen haben, sondern sich menschlich-allzumenschlich um ihren Alltag, sprich ihre böse Konsumgesellschaft bekümmern.

AmtlichNun haben wir es amtlich: laut baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht 1993 sind die Republikaner „rechtextremistisch“. Der Innenminister Frieder Birzele (SPD) meinte sogar, daß bei den Reps „unverkennbare Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen“ bestünden. 11 Prozent hatten bei der letzten Landtagswahl 1992 die Republikaner im Lande erhalten. Sie sind also dank Bürgerwille eine parlamentarische Realität im Lande. Einen Verbotsantrag will der Minister wahrscheinlich deshalb nicht stellen. Die Politik und die Menschen im Land sollten sich jedoch mit den geistigen Wegbreitern des Rechtsextremismus auseinandersetzen, meint der Minister. Und wenn jemand bei den Reps sich aktiv für verfassungsfeindliche Ziele einsetze, dann müsse das Konsequenzen haben. In Heilbronn, einer Rep-Hochburg im Ländle, gibts seltsamerweise kaum offensive Auseinanandersetzungen der Mitte-Demokraten mit den Republikanern.

Parkplatz
Das hat ein Student der Heilbronner Fachhochschule sich ganz wissenschaftlich mit brennenden Problemen der Heilbronner beschäftigt. „Parken in der City von Heilbronn“ lautet der Titel der Studie von Werner Bender, 25 Jahre und aus Erlenbach. Und das Ergebnis? Viele würden jetzt schon einen großen Bogen um Heilbronn machen - wegen der Parkplatznot. Zum Beispiel ein Viertel aller Gaststättenbesucher. Und bei den Passanten sind es 37 Prozent die ihren Bummel durch die Innenstadt deswegen verkürzen. Folge: 61 Prozent der Gastwirte in der Innenstadt Heilbronns sehen sich in ihrer Existenz gefährdet. Und wer profitiert davon? Der Autofahrer weicht aus - in die Umlandgemeinden. Was soll er auch sonst tun. Und die Heilbronner Innenstadt wird langsam aber sicher eine Geisterstadt. Stadt der Krämerseelen? Das war einmal. Denn die sind schon fast alle abgewandert.

Schirmherr
Seit über fünfzehn Jahren ist er dem kleinen Dorf an der Jagst herzlich verbunden. Per Helikopter absolvierte er jetzt seinen ersten Bundespräsidenten-Besuch im Jagsttal. Roman Herzog, einst Minister im Ländle, dann oberster Verfassungsrichter in Karlsruhe und jetzt in seinem neuen Amt besuchte „seine Burgfestspiele“. Zu „Götz“ oder „Anatevka“, dem Musical, hatte es aus Termingründen nicht gelangt. Aber beim Hans-Clarin-Gastspiel war der erste Bürger des Staates und „Schirmherr der Burgfestspiele Jagsthausen“ zugegen. Vorsitzender der „Freunde der Burgfestspiele“ kann Roman Herzog als Präsident nicht mehr sein. Da muß man sich in Jagsthausen demnächst einen wohlbestallten Nachfolger suchen. Kandidat für die Nachfolge: der Schrauben-Milliardär Reinhold Würth aus Künzelsau. Übrigens: Nach dem Württemberger Theodor Heuss ist der Bayer Roman Herzog der zweite schirmherrliche Bundespräsident für Jagsthausen.

Keine KriseVon wegen Wirtschaftskrise: Selbst bei Rekordhitze strömen die Besucher zum größten Unterländer Vergnügen, dem Volksfest. Gefragt sind Fahrgeschäfte, wie beispielsweise die ,,Wilde Maus". Kein ganz billiger Spaß. Dasselbe trifft für Bier, Göckele oder auch die vielen süßen Leckereien zu. Man muß es sich nur leisten können. Und wer übers Unterländer Volksfest schlenderte, konnte durchaus feststellen, daß die Besucher nicht nur aus den Kreisen der finanziellen Elite kommen. Im Gegenteil.

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