Donnerstag, 3. September 2009

Kiliansmännle, 28.12.1994

1995
Das Jahr 1994 ist in wenigen Tagen zu Ende. Manche von Ihnen werden sagen: in wenigen Stunden. Sei es drum. Egal wie man rechnet, es wird ein Abschluß gemacht. Und dann? Geht es danach weiter wie zuvor auch? Ja, in den meisten Fällen. Gottseidank. Es wäre ja schlimm, wenn sich nach jedem Jahreswechsel alles ändern würde. Es verändert sich beim Wechsel von 1994 zu 1995 ohnehin schon zuviel. Neue Steuern, neue Abgaben - das alles wird uns Bürger belasten. Aber eins bleibt: das Männle auf dem Turm der Kilianskirche. Und wie werde ich Sie, die Leser des Neckar-Express, durch das neue Jahr 1995 begleiten? Ich meine, so wie im Jahr 1994. Ganz ohne Versprechen und neue Belastungen. Und deshalb: Ihnen allen vielen Dank fürs aufmerksame Lesen und die zahlreichen Zuschriften. Und vor allem: ein glückliches, zufriedenes und friedvolles 1995.

Das war's
Weihnachten vorüber! - Vollzugsmeldung. Keine besonderen Vorkommnisse. Da frage ich mich folgerichtig auf dem Turm: warum die Hektik, der heuer kleine Kaufrausch in den letzten Tagen vor dem Fest? Aber sofort stellt sich die Antwort ein: weil's jedes Jahr so ist, weil das Fest Tradition hat, weil man es so macht - und weil's doch so schön ist. Vorfreude ist eben die schönste Freude. Weihnachten dann - das Fest der Familie und der Liebe? „Naja“, kann ich da nur murmeln. Familie stimmt schon. Aber mit der Liebe ist es meistens so wie das ganze Jahr über. Mit der intensiven Zuneigung zu den Sachen mag's schon seine Richtigkeit haben. Das weisen die vielen Geschenke aus - und die Lust der überaus zahlreichen raffinierten Diebe auf die teuren Wertgegenstände ihrer Mitmenschen. Jeder will halt seinen Teil am Glück haben. Ob nun rechtmäßig oder als Verbrecher. Das wird offensichtlich so bleiben bis ans Ende der Tage. Trotz aller Justiz und Polizei.

Rosige Aussichten?Und mit viel Getöse, frommer Worte und Lichterzauber geht es ins nächste Jahr. Was 1995 fürs Unterland bringen wird, hängt größtenteils von den Menschen ab, die dort leben und arbeiten. Arbeiten? Nicht alle hier haben Arbeit. Viele stehen auf der Straße, obwohl sie durchaus arbeitswillig sind. Deswegen kann ich nur zu gut den Zorn und die Empörung der hiesigen Gewerkschafter und Arbeitnehmervertreter verstehen, als sie vor wenigen Tagen die Pläne der Arbeitgeber-Dachorganistaion zur Kenntnis nehmen mußten. Deren Präsident will, daß Krankheitstage aufs Urlaubsgeld angerechnet werden. Seine Kollegen, wie beispielsweise der auch in Heilbronner Arbeitgeberkreisen sehr geschätzte Künzelsauer Unternehmer Reinhold Würth, sind da schlauer. Sie motivieren ihre Mitarbeiter über Prämien und Zulagen zu mehr Engagement. Und diese Methode bewährt sich. Bei Würth wurde auch in den Krisenzeiten zugepackt und nicht resigniert.

Radio-LandschaftGelegentlich steige ich von meinem Turm herab, setze mich ins Auto und fahre durch die schöne Landschaft unserer Region. Aber wenn ich dann hören will, was es an Neuigkeiten so gibt im Ländle und auf der Welt, ja - dann kriege ich kräftig was auf die Ohren. Beim Südfunk und seinen vier Hörfunk-Programmen geht‘s einmal auf, dann wieder ab. Das heißt: in manchen Gebieten der Region Franken empfange ich Südfunk 1, 2, 3 oder 4 - und in anderen sind sie eben nicht oder nur schlecht empfangbar vorhanden. Obwohl ich ja meine Rundfunkgebühren brav zahle, darf ich meinen angestammten Heimatsender nicht mal in Baden Württemberg allüberall hören. Und die privaten Sender? Da ist ein schlimmes Durcheinander festzustellen. Da gibt‘s zum Beispiel jetzt den Sender „Antenne“. Dort, wo bisher Radio Regional zu hören war (Frequenz 100,1), ist neuerdings der Bereichssender „Antenne Stuttgart“ zu hören. Fahre ich aber im Gäu herum, suche mir einen Sender aus und weiß nicht, welcher das ist, sagt mir meine RDS-Anzeige: Du hörst „Antenne“. Und der Sprecher erzählt mir dann entweder, Du hörst „Antenne Bayern“ oder „Antenne Stuttgart“. Beide haben die gleiche RDS-Kennzeichnung im Radio - lustig, gell, liebe Telekom. Und bei dem neuen Lokalsender Radio-TON-Regional kommt's noch dicker. Höre ich in Heilbronn auf der 103,2 das Programm aus dem Heilbronner Studio, schaltet sich bei der Reise durch die Region mein Radio dank RDS auf die 103,5 aus Bad Mergentheim. Und dann höre ich abwechselnd - ganz nach Bodenbeschaffenheit - diese oder jene Musik, auf jeden Fall durchaus unterschiedliche beim gleichen Sender. Ja, so ist das halt - mit meiner haltlosen Heimatliebe auf dem Turm zu den Heimatsendern.

Justiz-FallEigentlich sollte man es unter dem Stichwort „Kurios“ ablegen. Das, was in Heilbronn zwischen dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dietz und seinem Kontrahenten in der Tageszeitung Gerd Kempf abgeht. Aber das Gerangel zwischen Redakteur und Staatsanwalt - das erinnert ein wenig an den Roman und Theaterschwank „Der Maulkorb“ - nach Heinrich Spoerl. Da scheint ja auch die bürgerliche Weltordnung durch eine unerhörte Missetat beinahe zum Einsturz zu geraten. Dabei ist alles nur ein „Mißverständnis“. In Heilbronn jedoch scheint es keines zu sein. Denn seit Wochen beschäftigen sich die Zeitung, Landtagsabgeordnete, Generalstaatsanwalt und das Heilbronner Stadtgespräch mit dem Fall, der zum „Fall Dietz“ hochstilisiert ist. Und der Hintergrund? Der Staatsanwalt hält den Reporter für nicht kompetent. Und die Zeitung den Leitenden Staatsanwalt in Heilbronn offenbar auch nicht. Zumindest, was die Achtung und Wahrung der Pressefreiheit angeht. Die Noten sind ausgetauscht. Jetzt geht's um die Folgen. Nicht alles, was in der Presse steht, ist wahr. Das ist sicher absolut richtig. Und nicht alles, was vor Gericht verhandelt und abgeurteilt wird, mag der Justiz zur Ehre gereichen. Siehe Deckert-Urteil. Aber es menschelt halt überall, wo Menschen sich aufplustern. Darum meine Bitte: tiefer hängen. Es gereicht der „Fall Dietz“ der Stadt Heilbronn und seiner Justiz, geschweige denn der Presse nicht zur Ehre. Der demokratische Staat wankt nicht in seinen Grundfesten, wenn man sich darauf einigt, künftig „fair, sachlich und informativ“ miteinander umzugehen.

Rücken zur WandDie Polizei - ja, die hat derzeit einen wahrlich schweren Stand im Stadt- und Landkreis Heilbronn. Denn vergangene Woche habe ich mich zu früh gefreut. Eigentlich dachte ich ja, die Ordnungshüter sind endlich den Gaunern, die seit Monaten mit ihre Einbrüchen das Unterland unsicher machen, auf die Spur gekommen.. Weit gefehlt, die Diebesserie geht weiter.

Unter Dach und Fach
Na also, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist unter Dach und Fach. Nun darf man gespannt sein, wie die Herren Bürgermeister, denn die haben in dem Gremium ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, Heilbronn und die umliegenden Gemeinden vorwärtsbringen. Konkurrenz zur Industrie- und Handelskammer darf es nicht geben. Aber die kümmert sich ja auch besonders um die Region Franken.

Zu lasch?
Jetzt endlich wird die Polizei in Sachen Kurdische Arbeiterpartei (PKK) aktiv. In den letzten Wochen durchsuchte sie Wohnungen und Vereinsheime. Auch in der Heilbronner Uhlandstraße wurden die Beamten fündig. Aber warum erst jetzt? Schon lange steht fest, daß Deutschland von radikalen und manchmal auch kriminellen Ausländerorganisationen als „Ruheraum“ mißbraucht wird. Leider auch öfters unter dem Deckmäntelchen des Asylgesuchs. Bislang haben sich die Behörden zurückgehalten - auch in Heilbronn. Zeit, daß endlich bestehende Gesetze angewandt werden. Denn die PKK wurde im März dieses Jahres rechtskräftig verboten.

UnverständlichIch als steinernes Männle darf als Mensch wie Du und ich Auto fahren. Und Vater Staat kassiert natürlich jedes Jahr die Kraftfahrzeugsteuer. Jetzt habe ich einen Brief vom Heilbronner Finanzamt bekommen, in dem ich darauf aufmerksam gemacht werde, daß bald meine Kraftfahrzeugsteuer fällig wird. Doch nun kommt´s: Die vom Finanzamt sagen mir nicht, wieviel ich berappen muß. Das sei zu teuer. Nicht zu teuer ist aber eine Einzugsermächtigung, die das Finanzamt gleich auf dem Briefle mitgeschickt hat. Da versteh einer die Welt noch.

Büttel
Der Mann rechnet sich. Untergruppenbach hat seit einigen Wochen einen sogenannten Vollzugsbediensteten. Der Büttel alter Schule stattet Falschparker mit Strafzetteln aus. Denn in Untergruppenbach wird wie vielerorts gerne auf dem Gehsteig geparkt. Fußgänger, Mütter oder Väter mit Kinderwagen, kommen da nicht mehr vorbei. Dem wilden Parken bereitet der Büttel ein Ende. Sehr erfolgreich übrigens, kaum ein Autofahrer aus dem Ort, der noch nicht mit einem Bußgeld bedacht wurde. Das Geld fließt in die Gemeindekasse. Der Mann rechnet sich.

Nett, nett
Na, das ist doch mal nett. Da verkünden die Unterländer Zahnärzte, daß sie ihre Patienten garantiert behandeln, also den Honorarstreit nicht auf dem Rücken der Patienten austragen wollen. Das wäre ja auch noch schöner. Die Zahnärzte müssen sich wie alle Bürgerinnen und Bürger daran gewöhnen, daß die fetten Jahre vorbei sind. Warum soll ein Zahnarzt nicht auch Einkommensbußen verzeichnen müssen? Und zeige mir mal einer den Dentisten, der am Existenzminimum herumkrebst.

Kiliansmännle, 21.12.1994

Heilig
Am Samstagmittag hat das Gerenne und Gehetze sein Ende. Nichts geht mehr. Die Geschäfte haben geschlossen. Alles bereitet sich auf den Heiligen Abend 1994 vor. Am Nachmittag müssen die Kinder versorgt werden - entweder mit einem ausdauernden Spaziergang, einem Kinobesuch oder anderen unterhaltsamen Ablenkungsmanövern. Bis zum Abendbrot und der anschließenden Bescherung - oder umgekehrt. Dieser Tag ist so recht ein Tag der Kleinen. Und die Erwachsenen? Die müssen das Fest richten - kochen, putzen, waschen, herrichten, sodaß alles heimelig und angemessen weihnachtlich wirkt. Und jene, die keine Kinder haben? Die können in Heilbronn ausgehen. Viele Kneipen und Gaststätten haben geöffnet, Treffs und Anlaufpunkte für Alleinstehende sind heuer in Vielzahl vorhanden. Na dann - ein fröhliches Weihnachten 1994.

Schmiererei
Unter uns Zweibeinern gibt es schon richtige Ferkel! Kennen Sie das Finanzamt Heilbronn? Genau gegenüber wurde ein kleiner Kinderspielplatz gebaut. Die Anlage erweckt den Eindruck, als ob sie kein besonders billiges Vergnügen gewesen sei. Wenn die Pflanzen dort etwas größer sind, entsteht da ein kleiner Park. Doch Dreckfinken gibt es eben immer und überall. Denn die Mauern rund um den Spielplatz wurden mit schwachsinnigen Sprüchen vollgesprüht. Einige dümmliche Schmierereien zieren das ganze Machwerk. Der Steuerzahler ist der Dumme. Denn erstens hat er den sicherlich sinnvollen Bau des Platzes bezahlt und zweitens muß er nun wieder für die Beseitigung der Schäden geradestehen. Deswegen, wer solche Schwachköpfe (Sprayer) bei ihrer Arbeit sieht, sollte sich ruhig vertrauensvoll an die Polizei wenden.

JagsthausenDie Burgfestspiele in Jagsthausen haben nach dem plötzlichen Tod ihres Chefs Götz Freiherr von Berlichingen jetzt die Nachfolge geregelt. Erstmals in der Geschichte der Freilichtspiele wird eine Chefin die Geschicke leiten: Alexandra Freifrau von Berlichingen. Denn das Haus Berlichingen und die Burgfestspiele sind eins, ließ die Witwe von Götz von Berlichingen verlauten. Ihr zur Seite steht als Nachfolger von Roman Herzog, dem Bundespräsidenten, beim Vorsitz des 300 Mitglieder starken Freundeskreises der Burgfestspiele, der Künzelsauer Schraubenmilliardär Reinhold Würth. Ein weit über die Landesgrenzen hinaus bekannter Mäzen der schönen Künste. Und da alles neu ist, gibt‘s für das Spieljahr 1995 im Burghof auch einen frischen künstlerischen Leiter, den schon bekannten Arnold Petersen. Und auch der Götz-Darsteller 1995 steht schon fest: Dietz-Werner Steck vom Stuttgarter Staatstheater, dem breiten Publikum mehr als Tatortkommissar Bienzle aus dem Fernsehen bekannt, wird im 46. Spieljahr den kernigen Ritter mit der eisernen Hand mimen. Premiere: 22. Juni 1995. "Er aber sag's ihm ..."

Stadt-Kultur
Erstmals seit dreißig Jahren wird der deutsche Einzelhandel in diesem Jahr den Vorjahresumsatz nicht erreichen. Der Einzelhandel wird in den alten Bundesländern mit 616 Milliarden Mark den Vorjahreswert um 8 Milliarden Mark oder 1,3 Prozent unterschreiten. Sagte im Dezember 1994 die BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels). Der Verbraucher gibt mehr Geld für Wohnung und Urlaub aus. Und da er weniger hat, muß er an anderen Stellen sparen. Aber neben der schlechten Konjunktur macht dem Einzelhandel zunehmend die Bedrohung des Wirtschaftsstandortes „Innenstadt“ zu schaffen. Die geplanten Beschränkungen des Autoverkehrs auch in der Stadt, die steigende Kriminalität, die Verschmutzung der Innenstädte und die verschärften Bauauflagen machen die Stadtzentren zunehmend unattraktiv. Nutznießer sind die Anbieter auf der grünen Wiese. Und somit geht mit der Verdrängung des Einzelhandels auch die Urbanität und ein Stück städtischer Kultur verloren. Auch Heilbronn ist dafür ein Beispiel.

Volle Kassen?Volle Stadt heißt nicht unbedingt volle Kassen. Der vierte verkaufsoffene Samstag vor Weihnachten ist vorbei. Kein Parkplatz war mehr zu ergattern in Heilbronn. doch eine volle City bedeutet für den Einzelhandel nicht unbedingt auch sehr gute Einnahmen. Bei meinem Streifzug durch Heilbronn hörte ich immer wieder: „Es hat zäh angefangen und ist nicht mehr auf den Vorjahresstand aufzuholen.“ - Der Kunde rechnet scharf und kauft verbrauchsorientiert. Schnickschnack und Luxus sind gestrichen, die Geschenke werden kleiner. Am härtesten wurde die Textilbranche getroffen. Das milde Winterwetter kostet die Modegeschäfte viel Geld.

AufschwungDer Aufschwung in unserer Wirtschaft ist da. Aber er ist nur eine zarte Pflanze. Das hört man aus allen Arbeitgeberverbänden sowie aus Handel und Industrie - ob die Firmen bei uns nun Audi, Mercedes Benz oder Kolbenschmidt heißen. Die Produktivität muß gesteigert werden, um am Weltmarkt noch konkurrenzfähig zu sein. Und das heißt konkret: trotz positiver Vorzeichen geht der Stellenabbau weiter. Denn es muß mit weniger oder der gleichen Anzahl Menschen mehr und besser produziert werden. Also keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt. In diesen Dezembertagen geben in der Region Franken die Industrie- und Handelskammer bei ihrer Jahrespressekonferenz und der Arbeitgeberverband bei seinem traditionellen Weihnachtsempfang im Heilbronner Stadttheaterfoyer Worte und Prognosen zum Besten, die genau in dieser Tendenz liegen. Der Südwesten Deutschlands war einmal das Musterländle in der achtziger Jahren. Jetzt ist der einstige Musterschüler nur noch im Mittelmaß vorzufinden.

Kiliansmännle, 14.12.1994

Süßer klingeln?Noch eineinhalb Wochen - und dann ist Heiligabend. Diesmal am Samstag. Das freut viele Arbeitnehmer nicht. Wärs ein Montag, dann könnte der Dienstag und Mittwoch ein kleines Urlaubsweihnachten sein. Ein paar Feiertage mehr. So bleibt halt nur der Montag als zweiter Weihnachtsfeiertag. Und in den Geschäften des Unterlands - süßer die Kassen nie klingeln? Beileibe nicht. Die Heilbronner und Unterländer Kaufleute merken halt in diesen Tagen schon deutlich, daß im neuen Jahr alles teurer werden wird. Deshalb haben sie - vor allem bei Textilien - jetzt die Preise kräftig herabgesetzt. Schnäppchenjäger-Zeit ist angesagt. Wer wollte den Bürgern auch verdenken, daß sie beizeiten beginnen zu sparen.

Stadt-Sparen
Da hat sich der Heilbronner Gemeinderat ja mal richtig angestrengt. In einer Mammutsitzung ab neun Uhr morgen wurde bis in den späten Abend hinein getagt. Das Haushaltsloch scheint gestopft. Von 25 Millionen keine Rede mehr. Auch nicht von 20,5 Millionen. Was beim harten Rechnen und Feilschen zwischen Stadtverwaltung und Rat herauskam, das wird auf Heller und Pfennig erst diese Woche am Donnerstag im Heilbronner Rathaus präsentiert. Ein Sieger aber steht schon fest: Heilbronns Finanzbürgermeister Werner Grau hatte sich genauestens vorbereitet - und atmete hörbar auf, als Einsparungen und Steuer- sowie Abgabenerhöhungen beschlossen waren. Die Finanzlage der Stadt ist wieder im Griff. Souverän, elegant und hart in der Sache hat Werner Grau die Mannen und Frauen Räte in die kommunale Pflicht genommen. Eben - ein Könner seines Fachs.

Neues AutoDa mögen manche wieder lospoltern: Warum braucht Heilbronns Oberschultes Manfred Weinmann in einer Zeit, in der alle sparen, einen neuen Dienstwagen? Immerhin, eine zwölfmonatige Stellen-Wiederbesetzungssperre und einen dreiprozentigen Stellenabbau beschloß der Heilbronner Gemeinderat. Warum muß der Oberbürgermeister da nicht mitziehen? Warum sollte er? Weinmann macht das einzig Richtige. Er trägt sein Scherflein zur Konjunktur-Ankurbelung bei.

Käseduft
Auf romantischen Bildchen aus dem 19. Jahrhundert haben Weihnachtsmärkte immer etwas heimeliges, aber armseliges in ihrem Erscheinen. In unseren Tagen sind sie ein Spiegelbild der Wohlstandsgesellschaft. Höchst Überflüssiges wird dort teilweise angeboten - eben Schnickschnack, nur so zum Mitnehmen im Vorübergehen, weils momentan gefällt. Zuhause weiß man dann oft nicht, was damit anzufangen. Also wirds verpackt und weiterverschenkt. Möglichst an Leute, denen man halt was schenken muß, aber eigentlich nicht will. Aber das Schönste an Weihnachtsmärkten sind doch die unverwechselbaren Düfte und Genüsse. Gebratene Äpfel, heiße Maronen, kandierte Nüsse, Glühwein, Christbaumschmuck, etc. etc. ... - Im Zeichen des Überflusses gibts nun auch Käsestände, Fleischwaren-Buden, Keramikbasare und vieles andere mehr. Ob das weihnachtlich stimmt, das muß der Marktbesucher selbst entscheiden. Zwei Tage vor Eröffnung des Wimpfener Altdeutschen Weihnachtsmarktes verbot das Amtsgericht Heilbronn das Betreiben eines Raclette-Standes, weil Raclette „keine typische Speise für einen altdeutschen Weihnachtsmarkt“ sei. Ist Kebab etwa eine typische Speise für Weihnachtsmärkte? An zwei Ständen in Wimpfen wird dieser köstliche türkische Hamburger angeboten. Ich meine, ein Gericht sollte nicht weihnachtlicher als der Weihnachtsmann urteilen.

Gestank?Das muß man sich mal überlegen: Da meckert ein Abstatter Speditionsunternehmer über eine Würstchenbude. Der Geruch des bratenden Fleisches ziehe vom Parkplatz direkt ins Bürofenster des Spediteurs. Eine unzumutbare Belastung, meint der Fuhrmann. Entweder die Würstchenbude oder die Spedition, stellt er zur Wahl. Nichts gegen die Aversion eines Menschen gegen Bratwürste, aber daß sich ausgerechnet ein Spediteur beschweren muß, dessen zahlreiche Lastzüge nun gewiß auch nicht gerade eine Bereicherung für die Umwelt sind, das grenzt schon an Schabernack. Wieviel Dieselruß bläst so ein Brummi raus?

Miss SaigonIn Stuttgart wurde mit einem rauschenden Fest das Musical „Miss Saigon“ Premiere gefeiert. Das mußte ich gesehen haben. So stieg ich also vom Turm - und ab ins Prominenten-Getümmel von 1800 Gästen - 800 Geladene, der Rest mußte 1.200 Mark pro Karte zahlen. Was die 53 Darsteller der 20 Millionen Mark teuren Produktion da auf der Musical-Bühne zeigten, das hatte man im Ländle noch net gesehen, besitzt Weltstadtniveau und wurde von den Premierengästen mit stehenden Ovationen und vielen Bravos gefeiert. In der 1.800 Plätze umfassenden Musical-Hall auf den Fildern in Stuttgart-Möhringen wurde - so die nahezu eindeutige Meinung von Gästen und Kritikern - Musik-Theater vom Feinsten geboten. Musicalmacher Rolf Deyhle, der bisher in Deutschland mit seinen Musical-Häusern nur große Erfolge feiern konnte, hat mit fünfhundert Millionen Mark Investitionen hinzu noch 1.300 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das nenne ich anständige Innovation. So mancher brave Heilbronner oder Unterländer Bürger wird es sich jetzt zweimal überlegen, ob er in der Region ein flaches Theaterstück anschaut oder mit der holden Gattin lieber ein festliches Erlebniswochenende bei „Miss Saigon“ in Stuttgart verbringt - samt gutem Essen und angenehmer Erholung im angeschlossenen Badeparadies „Schwaben-Quellen“. Aber erst in den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob das, was bei der Premiere rauschend war, im hartumkämpften Alltag d‘Leut in Scharen nach Stuttgart ins Musical pilgern läßt.

DuschorgieHohe Wellen schlug zu Beginn dieses Jahres im deutschen Blätterwald der Duschorgien-Prozeß vor dem Heilbronner Landgericht. Drei Polizisten aus dem Bereich der Polizeidirektion waren angeklagt, eine Frau mit ins Polizeigebäude in der Karlstraße genommen zu haben, sie dort zum gemeinsamen Duschen genötigt und dann als Höhepunkt auch noch angepinkelt zu haben. Beleidigung und sexuelle Nötigung. Die Strafe für die Polizisten: fünf, 15 und 16 Monate Freiheitsstrafe. Die Verbüßung war gegen Geldstrafen von 4000, 6000 und 9000 Mark zur Bewährung ausgesetzt worden. Und alle drei Herren wurden sofort von ihrem Polizeidienst vorläufig suspendiert. Jetzt hat der Bundesgerichtshof die Revision der Verteidiger der Polizisten verworfen und das Urteil des Heilbronner Landgerichts für rechtskräftig erklärt. Damit verlieren zwei der Verurteilten ihren Beamtenstatus. Beim dritten läuft noch ein polizeiinternes Disziplinarverfahren mit dem Ziel, ihn aus dem Polizeidienst zu entfernen. Die Heilbronner Polizeidirektion hat also bestätigt bekommen: Wölfe im Schafspelz haben in ihren Reihen nichts zu suchen. Und der Rechtsstaat hat klar gemacht, welches Verhalten er von seinen Ordnungshütern erwartet.

Kalte Dusche
Da hat sich Baden-Württembergs Umweltminister Harald B. Schäfer (SPD) auch bei den Städten und Gemeinden des Unterlandes voll in die Nesseln gesetzt. Vollmundig verkündete der Minister, er sehe gute Einsparmöglichkeiten auf dem Abwassersektor. Vor allem im ländlichen Raum gebe es Möglichkeiten, die Abwassergebühren in Grenzen zu halten. Selbst so mancher Bürgermeister aus dem Stadt- oder Landkreis Heilbronn, der den Sozialdemokraten nahe steht, war da erbost über den SPD-Mann Schäfer. „Völliger Quatsch“, polterte ein Schultes. „Wir halten uns beim Bau von Kläranlagen an die Standards, die uns von Land, Bund und Europäischer Union vorgeschrieben werden. Keine Gemeinde vergräbt mehr Geld in der Erde als notwendig.“ Eine Kalte Dusche für Schäfer, dem von einigen Unterländer Bürgermeistern übrigens immer noch seine vollmundigen Versprechungen in Sachen Sommersmog-Verordnung übelgenommen werden. Denn mit diesen Ankündigungen sind in der Bevölkerung nur Erwartungen geweckt worden, die es im kommenden Jahr erst einmal einzuhalten gilt.

Kiliansmännle, 07.12.1994

Kleiner ErfolgDie Polizei läßt verlauten, in Sachen „Einbrecher-Fahndung“ habe man eine heiße Spur. Gegenstände aus Wohnungseinbrüchen im Unterland seien in einer Stuttgarter Wohnung gefunden worden. Endlich ist die Polizei ein Stückchen weitergekommen, kann ich da nur sagen. Es war auch allerhöchste Zeit. Bürgerinnen und Bürger haben nämlich langsam aber sicher das Vertrauen in ihre Polizei verloren. Allerdings, die Einbruchserie riß auch in den vergangenen Tagen nicht ab. Die Tatorte lagen wieder mal im südlichen Landkreis: Unterheinriet, Hirrweiler, Abstatt, Ilsfeld und Obersulm. In einigen dieser Gemeinden sollen sich mittlerweile Bürger zusammengeschlossen haben, um in einer Art Nachbarschaftshilfe oder Bürgerwehr den potentiellen Einbrechern die Zähne zu zeigen. Recht so!

UngerechtKennen Sie den Johnson? Nein? Na ja, das ist eine Art Lexikon für Weinliebhaber. Darin sind berühmte und gute Weine von Frankreich bis Spanien, ja sogar Australien, und eben auch Deutschland aufgelistet. Entscheidend ist für Johnson der Name, die Qualität und Jahrgang der Tropfen. Aus dem Heilbronner Raum ist gerade mal Graf Adelmann vertreten. Eigentlich ungerecht, wenn man bedenkt, daß Adelmann bei den besten hundert deutschen Weingütern der Liste der Verbraucherzeitschrift „DM“ nicht dabei war. Johnson müßte wohl wieder mal ein Gläschen von Neippergs, bei der WG Grantschen, bei Drautz-Able oder im Keller der Weinsberger Versuchsanstalt trinken.

Kur für die Kur?Mit großen Investitionen will Bad Wimpfens Kur den Mitbewerbern in den neuen Bundesländern Paroli bieten. Wettbewerbs- und leistungsfähig bleiben, will das Kurbad der Stauferstadt. Das ist ja alles schön und gut, doch in erster Linie sollte sich Bad Wimpfen um seine Luft kümmern. Denn die ist für einen Kurort nicht gerade besonders. Nach einem Luftgutachten ist der Kurort gerade noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Doch die Tester sagten dem Bürgermeister eindeutig: Die Luft ist nicht gut. Der Autoverkehr ist wohl Bösewicht Nummer 1. Also müßte die Kommune heftigst darauf dringen, daß endlich eine Umgehungsstraße gebaut wird. Sonst nützen den Kurmachern am Ende alle Investitionen nichts, wenn der Kurstadt-Status aberkannt wird.

Forsche TöneHoppla, da hat die künftige Pressereferentin des Landkreises Heilbronn, Vera Hiller, ja gleich ganz deutlich und ehrlich gesagt, wie sie sich Pressearbeit vorstellt: „Aus Erfahrung weiß ich, wie ein PR-Artikel aussehen muß, damit er auch wirklich in der Zeitung abgedruckt wird.“ Also, liebe Vera Hiller, Zeitungen drucken (angeblich) keine PR-Artikel ab. Wenn das die Zeitung, bei der Sie gelernt haben, so gemacht hat, dann herrschte dort wohl ziemliche Personalknappheit. Normalerweise recherchieren Redakteure, sonst haben sie ihr Geld nicht verdient, das sie erhalten. Was Sie, Frau Hiller, meinen, sind vermutlich nicht PR-Artikel sondern Pressemitteilungen. Aber das nehmen wir nicht so genau. Hauptsache die Zeitung druckt es.

Immer im Bild
Es ist doch immer das gleiche: Steht in irgendeiner Gemeinde die Wiederwahl des Bürgermeisters an, so kann man sicher sein, daß der betreffende Schultes sich etwa ein dreiviertel Jahr vor dem Wahltermin bei Ehrungen, Vereinsfesten, goldenen Hochzeiten und und und sehen läßt. Ist dann auch noch ein Fotograf der Lokalzeitung da, umso besser. Billiger kann man die Wahlwerbung nicht bekommen. Was unlängst freilich Abstatts Gemeindeoberhaupt Rüdiger Braun in den Ortsnachrichten der Kommune brachte, sprengt jedoch beinahe den Rahmen. Da erhält der neue Kindergarten der Gemeinde - ein mehrere hunderttausend Mark teures Projekt - eine Spende. Wer jetzt an einen dicken Scheck denkt, hat sich getäuscht. Es ist eine Uhr, die auf dem Bild aussieht wie eine Küchenuhr. Doch dem Schultes graust es vor nichts: Er stellt sich zur Uhr und ist damit wieder mal im Bilde.

RückkehrErinnern Sie sich noch an die vergangene Bundestagswahl? Peter Alltschekow kandidierte da gegen den Egon Susset von der CDU. SPD-Mann Alltschekow verlor haushoch. Zuvor hatte als Nachrücker für Gerlinde Hämmerle ein rekordverdächtig kurzes Gastspiel in Bonn gegeben. Ganze zwei Sitzungswochen durfte der Sozialdemokrat dort die Bundespolitik miterleben. Nun kehrt er zu seinem Ziehvater Dieter Spöri zurück, unserem baden-württembergischen Wirtschaftsminister. Alltschekow wird wieder Sprecher von Spöri. Der habe ihn, Alltschekow, darum gebeten. Glück für Alltschekow, denn der hatte vor den Wahlen kein Hehl daraus gemacht, daß er sich nicht mehr so gut mit „dem Spöri“ verträgt.

Mild
Ein außergewöhnlich milder November liegt hinter uns. Man konnte beinahe meinen, im Unterland sei der Frühling ausgebrochen. Auch die Unterländer Vogelkundler haben die ersten Anzeichen von Frühling entdeckt. Mir auf dem steinernen Turm haben sie erzählt, daß die gefiederten Freunde, die sich nicht auf den Vogelzug gen Süden gemacht haben, bereits ein Verhalten wie im März zeigten. Sie singen, zwitschern und balzen. Etwas ungewöhnlich wirkt den auch der festlich herausgeputzte Heilbronner Weihnachtsmarkt. Draußen hat es zwischen zehn und 15 Grad, und da soll man Glühwein oder geröstete Mandeln kosten. Also meine Bitte an den Wettergott: Laß es endlich kalt werden und schneien!

Unverständlich
Ich als steinernes Männle darf als Mensch wie Du und ich Auto fahren. Und Vater Staat kassiert natürlich jedes Jahr die Kraftfahrzeugsteuer. Jetzt habe ich einen Brief vom Heilbronner Finanzamt bekommen, in dem ich darauf aufmerksam gemacht werde, daß bald meine Kraftfahrzeugsteuer fällig wird. Doch nun kommt's: Die vom Finanzamt sagen mir nicht, wieviel ich berappen muß. Das sei zu teuer. Nicht zu teuer ist aber eine Einzugsermächtigung, die das Finanzamt gleich auf dem Briefle mitgeschickt hat. Da versteh einer die Welt noch.

Kiliansmännle, 30.11.1994

Drama: Heilbronn
Das wohlbekannte „große historische Ritterschauspiel in fünf Akten“, das den Ort Heilbronn im Titel führt, wurde am 17. März 1810 in Wien erstmals aufgeführt. Heinrich von Kleist nannte sein Drama „Das Käthchen von Heilbronn oder Die Feuerprobe“. Mit dem Neckarstädtchen Heilbronn hat das Stück historisch soviel zu tun wie „Der zerbrochne Krug“ mit Holland. Aber das romantische Märchenspiel, das „an verschiedenen Orten in Schwaben“ im „Mittelalter“ spielt, brachte Gestalten auf die Bühne, die zum Miterleben und Mitleiden anregten - und dazu noch eine ungemein farbige Umwelt, die mit feiner Ironie und gelegentlich mit Parodie geschildert wird. Ein Theaterstück mit Weltruhm ist daraus geworden. - Am 26. November 1994 wurde auf der Bühne des Heilbronner Stadttheaters ein neues Stück über Heilbronn premierenreif auf die Bretter gesetzt. Irina Liebmanns Märchen „Der Weg zum Bahnhof“ sollte etwas über die Nachkriegszeit, das Verarbeiten des 4. Dezember 1944 erzählen. Viele honorige Bürger waren erschienen, um „ihr Heilbronn“ dramatisch verdichtet wiederzufinden. Die einen meinten nach der Premiere, das Stück sei ein Flop, die anderen sprachen von „einer mehrfach gebrochenen Assoziationskette subjektiver Bilder“. Ich meine von meinem steinernen Turm herab: das war ein verschenkter Theaterabend, den man besser vergißt. Unvergessen aber bleibt mein Käthchen - Du „wahres Wunder an Kraft, Anmut und farbiger Volkstümlichkeit“. Sagte einst Gerhart Hauptmann.

HasenmahlIm Januar 1995 sollte das schon seit Jahrhunderten gepflegte Hasenmahl der Stadt Heilbronn mal wieder im Ratskeller stattfinden. Aber die schlechte finanzielle Lage der Stadt, der Streit um den Haushalt 1995 hat den Oberbürgermeister Dr. Manfred Weinmann dazu veranlaßt, das Honoratioren-Essen schlichtweg abzusagen. Die Sozialdemokraten, an der Spitze ihr Fraktionsvorsitzender Friedrich Niethammer, waren ohnehin dafür. Die Christdemokraten beeilten sich dem Entschluß des OBs zurückhaltend beizupflichten. Heilbronn mit seinen wenigen Stadttraditionen hat sich damit, so sehe ich das von meinem Turm herab, einen Bärendienst erwiesen. Gerade in Zeiten der finanziellen Engpässe sollte mit ein wenig Phantasie Gemeinsamkeit, Geselligkeit festlich gepflegt werden. Warum das Kind gleich mit dem Bade ausschütten? Viel sinnvoller wäre es doch gewesen, das traditionelle Hasenmahl stattfinden zu lassen und jedem der Eingeladenen rund hundert Mark abzuverlangen. Davon hätte man lässig das Mahl berappen können, den Wein hätte eine Genossenschaft gespendet und der Rest des Geldes wäre einer sozialen Einrichtung zugeflossen. Und die Tradition? Die hätte im neuen Gewande in ihrem Kern eine frische, zeitgemäße Pflege erhalten. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Bis zum Januar fließt noch viel Wasser den Neckar herunter.

IHK-Chef
Bis zum Jahre 1996 amtiert in der Industrie- und Handelskammer Heilbronn noch als Hauptgeschäftsführer Dr. Horst Schmalz. In knapp zwei Jahren wird er mit 65 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger aber steht schon fest: der fünfzigjährige Heinrich Metzger, heute noch Leitender Geschäftsführer der Bezirkskammer Ludwigsburg bei der IHK Stuttgart. Schon zum 1. Oktober 1995 wird er zur Heilbronner IHK wechseln, um sich auf die Nachfolge von Dr. Schmalz in Ruhe vorbereiten zu können. Die Vollversammlung der IHK Heilbronn wählte in der letzten Woche im ersten Wahlgang den einzigen Bewerber Heinrich Metzger aus Ludwigsburg mit Zweidrittelmehrheit. Die Weichen sind also frühzeitig und ohne Ausschreibung des Amtes gestellt. Überraschend kam diese klare Personalentscheidung für die Region Franken schon. Zumal es ja auch noch den stellvertretenden Hauptgeschäftsführer Professor Dr. Klaus Kniep in Heilbronn gibt. Auch dem IHK-Geschäftsführer Harald Augenstein hatten Auguren Chancen eingeräumt. Aber letztendlich gab's keine Kandidaturen aus der Heilbronner IHK. Eine Kammer-Politik des IHK-Präsidenten Otto Christ, die ohne Querelen deutlich vom Erfolg gesegnet ist.

Immer im Bild
Es ist doch immer das gleiche: Steht in irgendeiner Gemeinde die Wiederwahl des Bürgermeisters an, so kann man sicher sein, daß der betreffende Schultes sich etwa ein dreiviertel Jahr vor dem Wahltermin bei Ehrungen, Vereinsfesten, goldenen Hochzeiten und und und sehen läßt. Ist dann auch noch ein Fotograf der Lokalzeitung da, umso besser. Billiger kann man die Wahlwerbung nicht bekommen. Was unlängst freilich Abstatts Gemeindeoberhaupt Rüdiger Braun in den Ortsnachrichten der Kommune brachte, sprengt jedoch beinahe den Rahmen. Da erhält der neue Kindergarten der Gemeinde - ein mehrere hunderttausend Mark teures Projekt - eine Spende. Wer jetzt an einen dicken Scheck denkt, hat sich getäuscht. Es ist eine Uhr, die auf dem Bild aussieht wie eine Küchenuhr. Doch dem Schultes graust es vor nichts: Er stellt sich zur Uhr und ist damit wieder mal im Bilde.

WeinzähneWenn es um den Weinbau in Württemberg geht, sind wir Unterländer immer ganz vorne dabei. Ein großes Verbrauchermagazin stellt alljährlich die Liste der einhundert besten deutschen Weine zusammen. Wer auf diese Liste kommt, kann sich „von“ heißen. Diesmal konnten nur vier württembergische Weinmacher das begehrte Gütesiegel ergattern: Drautz-Able aus Heilbronn, die Weinsberger Weinbau-Lehranstalt, Graf Neipperg aus Schwaigern und der Fürst zu Hohenlohe. Nicht vertreten ist erstaunlicherweise Graf Adelmann.

Büttel
Der Mann rechnet sich. Untergruppenbach hat seit einigen Wochen einen sogenannten Vollzugsbediensteten. Der Büttel alter Schule stattet Falschparker mit Strafzetteln aus. Denn in Untergruppenbach wird wie vielerorts gerne auf dem Gehsteig geparkt. Fußgänger, Mütter oder Väter mit Kinderwagen, kommen da nicht mehr vorbei. Dem wilden Parken bereitet der Büttel ein Ende. Sehr erfolgreich übrigens, kaum ein Autofahrer aus dem Ort, der noch nicht mit einem Bußgeld bedacht wurde. Das Geld fließt in die Gemeindekasse. Der Mann rechnet sich.

Schlechte LuftBad Wimpfens Bürgermeister Brechter ist nicht zu beneiden. Rund 20 000 Autos täglich rattern durch die Kurstadt. Die Luft wird schlechter. Es droht die Aberkennung des Kurstatus. Die Misere hat ihre Ursachen in der Vergangenheit. Denn da versäumte es ein Bürgermeister Klaus Czernuska, heute Landrat von Heilbronn, für eine Umgehungsstraße in Bad Wimpfen zu sorgen. Brechter muß sich nun mit den Protesten der Bürger rumschlagen. Geld vom Land wird er nicht erhoffen können. Denn da wurde ja kürzlich die Ausgabensperre verhängt.

Kiliansmännle, 23.11.1994

AdventWenn ich von meinem geliebten Turm herab auf den Marktplatz schaue, dann muß ich feststellen: es weihnachtet sehr. Nicht nur daß seit Tagen schon die Dekorationen in den Schaufenstern voll aufs schon laufende Weihnachtsgeschäft umgestellt sind, auch auf dem Marktplatz wird kräftig gehämmert und geschoben. Der Heilbronner Weihnachtsmarkt, der am Wochenende seine Pforten öffnet, nimmt Gestalt an. Manche Zeitgenossen meinen ja, durch diese frühe Einstimmung verliere das Fest der Feste kräftig an Glanz. Nun ja, jeder hat da seine eigene Meinung. Aber für die Kinder unter uns (die großen und die kleinen) dürfte ein solcher Markt immer wieder ein Erlebnis sein. Vor allem der Altdeutsche Weihnachtsmarkt in Bad Wimpfen - unschlagbar. Und wenn am Sonntag noch das erste Kerzlein am Adventskranz brennt und leuchtet, dann ist die Weihnachtsstimmung da, ob man will oder nicht. Nehmen Sie sich doch einfach die Zeit - für die Stunden der Besinnlichkeit. Sie kostet nichts.

4. Dezember 1944
Vor fünfzig Jahren - am 4. Dezember 1944 in Heilbronn: ein verheerender Bombenangriff, der rund siebentausend Menschen tötet und die Kernstadt in Schutt und Asche legt. Kriegsentscheidend war dieser Angriff und diese Zerstörung offensichtlich nicht - so kann heute festgestellt werden. War er notwendig, um der deutschen Bevölkerung vor Augen zu führen, daß sie einem verbrecherischen Regime treu dient? Aus Sicht der Alliierten bestimmt. Historiker haben herausgefunden, daß durch die Bombardements deutscher Städte bei vielen, dem Regime skeptisch gegenüberstehenden Menschen das Gefühl aufkam: jetzt muß zusammengehalten werden, trotz der aussichtslosen Lage. Was uns Nachgeborenen und Überlebenden geblieben ist? Die Trauer, die Angst vor Kriegsterror, der Versuch, es nie wieder geschehen zu lassen (Uwe Jacobys neues Buch „Protokoll einer Katastrophe“ gibt darüber beredt Auskunft). Aber die Kriege seitdem auf dieser Welt, die sprechen eine andere Sprache. Sie lehren uns: Krieg findet immer wieder statt. Der 4. Dezember 1994 in Heilbronn sollte somit nicht nur ein Tag des Erinnerns sein, sondern auch ein Tag der Anklage. Gegen den Krieg, der Europa längst wieder eingeholt hat.

Frauenpower
Die CDU in Heilbronn zählt rund 700 Mitbürger zu ihren Mitgliedern und wird jetzt von einer Frau geführt. Helga Drauz, 27jährige Stadträtin, Diplomingenieurin für Weinbau und Önologie und ehemalige Weinkönigin, will die Christdemokraten wieder zur Nummer eins in der Käthchenstadt werden lassen. Und das soll durch Bürgernähe hergestellt werden. Ein Zauberwort, das schon viele im Mund führten, aber kläglich in der Realität dran scheiterten. Aber Helga Drauz scheint das Zeug für Überraschungen zu besitzen. Und ihre Bodenständigkeit prädestiniert sie geradezu für höhere Weihen. Schließlich dürfte Egon Susset in seiner letzten Amtsperiode als Bundestagsabgeordneter des Unterlandes stehen und die CDU sucht auch immer noch nach einem Nachfolger des einst so erfolgreichen Ulrich Stechele, der zum Ende seiner landespolitischen Karriere als Abgeordneter und CDU-Landesgeschäftsführer so kläglich in der Versenkung verschwand. Allerdings stehen auch andere CDU-Größen schon in den Startlöchern. Zum Beispiel der bienenfleißige Stadtrat Thomas Strobl, der mit viel Glück in dieser 13. Legislaturperiode noch Abgeordneter in Bonn werden könnte.

Die Größten
Wir Unterländer sind die Besten und Größten - zumindest, wenn es um den Weinbau in Württemberg geht. Aber der Reihe nach. Das bekannte Verbrauchermagazin DM erstellt alljährlich eine Liste der besten 100 Weingüter in Deutschland. Wer auf dieser Liste steht, kann sich ,,von" heißen. Denn die Juroren sind echte Weinkenner. Mit dem kalifornischen Fachmann Joel Payne sei nur ein Name genannt. Diesmal sind württembergische Güter ganz rar vertreten. Gerade mal vier konnten das begehrte Gütesiegel ergattern. Und wie heißen sie? Es sind dies Drautz-Able, Fürst zu Hohenlohe, die Weinsberger Weinbau-Lehranstalt und Graf von Neipperg in Schwaigern.

Wein-LiebeDer Wein gehört zu Heilbronn wie das Bier zu München. Und Kenner der edlen Tropfen nennen sich in der Kätchenstadt Weinzähne, Viertelesschlotzer oder schlicht Genießer. Aber wie wird man ein Kenner? Ich meine, indem man Wein trinkt. Die meisten Menschen haben einen natürlichen Geschmackssinn, sagt Michael Broadbent, eine lebende Legende unter Weinkennern. Ein Weinliebhaber muß kein großer Kenner oder Verkoster sein. Es ist nicht notwendig, daß er den Geschmack analysieren kann. Er braucht auch nicht viele Worte über den Wein zu verlieren, den er mag. Um einen Mercedes gut lenken zu können, muß niemand wissen, wie der Motor funktioniert. Eben: genießen sollte man den guten Tropfen, der einem schmeckt. Ob nun Württemberger, Badener oder Rheinpfälzer.

Klammheimlich
Abtauchen tun sie, fragt man nach dem Thema „Feuerwehrabgabe“, die Bürgermeister. Denn bislang war dieser Obulus, den männliche Bürger zu leisten hatten, ja auch wirklich kein Thema. Doch das ist nun anders. Die europäische Rechtssprechung sagt nämlich, daß diese Abgabe doch nicht so ganz rechtens ist. Und was werden die Kommunen machen? Abwarten, bis das Geld für den Unterhalt der Dorffeuerwehren aus einem anderen Zuschußtopf fließt, sagt ein knitzer Schultes.

Geldvergeudung?Man muß sich das mal vorstellen: Da öffnet der gemeinnützige Verein „Kinder Arche“ in Heilbronn eine Kindertagesstätte. 700 000 Mark betragen die gesamten Investitionskosten. Eine private Initiative, die zumindest von der Kostenseite her die Stadt Heilbronn und ihre Anstrengungen sparsam zu haushalten um Längen schlägt. Denn die Kommune steckt derzeit in den Umbau zweier Kindergärten 2,5 beziehungsweise 2,7 Millionen Mark. Die Verantwortlichen bei der Stadt müssen sich schon fragen lassen, woher solch ein gewaltiger Preisunterschied kommt. Und auch die Damen und Herren Gemeinderäte sollten solche Kostenrechnungen etwas genauer unter die Lupe nehmen, besser noch, einen kleinen Nachhilfekurs bei den Machern der „Kinder-Arche“ nehmen.

Lohnend
Der Mann rechnet sich. Untergruppenbach hat seit einigen Wochen einen sogenannten Vollzugsbediensteten. Der Büttel alter Schule stattet Falschparker mit Strafzetteln aus. Denn in Untergruppenbach wird wie vielerorts gerne auf dem Gehsteig geparkt. Fußgänger, Mütter oder Väter mit Kinderwagen, kommen da nicht mehr vorbei. Dem wilden Parken bereitet der Büttel ein Ende. Sehr erfolgreich übrigens, kaum ein Autofahrer aus dem Ort, der noch nicht mit einem Bußgeld bedacht wurde. Das Geld fließt in die Gemeindekasse. Der Mann rechnet sich.

IndustrieparkNun ist es also heraus: Der Industriepark vor dem Neckarsulmer Audi-Werk wackelt. Bad Friedrichshall hat sich aus dem Projekt zurückgezogen. Und man kann es Bürgermeister Peter Knoche nicht mal verdenken. Zu hoch sind die Vorleistungen, welche die Kommune bringen müßte. Vor der Bundestagswahl war dieser Industriepark immer wieder ein Thema für Politiker aller Couleur. Besonders unser Wirtschaftsminister Dieter Spöri (SPD) hat sich wortreich für das Projekt eingesetzt. Bevor die ganze Sache nun endgültig platzt, wäre die einigende Kraft des SPD-Mannes, der sich doch so sehr als Partner der Wirtschaft versteht, gefragt. Übernehmen Sie, Herr Spöri!

Telefonbuch
Ich wollte unlängst unbedingt das Telefonbuch vom Ortsnetz Ludwigsburg. Beim dortigen Postamt habe ich es allerdings nicht abholen und bezahlen können. Telefonisch mußte ich das Buch bestellen, dann die Versandkosten und obendrein noch die Gebühren für die Banküberweisung bezahlen. Unverschämt. Als Grund gibt die Post an, die Postämter hätten kaum überzählige Exemplare. Die könne man nur vom Zentrallager aus verschicken. Service nennt sich das. Zumindest wirbt man ja damit. Doch das dicke Ende kommt noch. Zuständig ist gar nicht die Post, sondern die eigens dafür eingerichtete Tochterfirma „Detemedien“. Die Post meint, sie sei fein heraus. Der Kunde ist König. Oder?

Kiliansmännle, 16.11.1994

Einzelhandel
Wenn ich so an den Wochenenden oder am langen Donnerstag von meinem Turm herab in die City Heilbronns schaue, dann spüre ich wenig von der Krise. Aber viele Menschen, die gucken und vielleicht auch hier und da etwas kaufen, sind noch keine Garantie für ausreichende oder steigende Umsätze bei den Einzelhändlern. Das Weihnachtsgeschäft hat schon begonnen - und der Handel erwartet nicht die bombastischen Geschäfte wie zu Beginn der Neunziger. man ist sehr bescheiden geworden. Bisher wurde ein Minus von zwei Prozent im westdeutschen Einzelhandel festgestellt. Und die Tendenzen sind nicht günstig. Vor allem im Textilhandel. Es gibt sogar Stimmen unter den Kaufleuten in Heilbronn, die einen 15 prozentigen Kaufkraftschwund festgestellt haben wollen. Und als ein Argument für diesen Schwund wird hervorgehoben: „Die Stadt versucht alles, um Besucher rauszuhalten.“ Gemeint ist die Parkplatz-Situation in und die City. Aber die ist immer noch besser als in manche Bereichen der Ballungszentren Stuttgart und Rhein-Neckar. Was dem Einzelhandel zu schaffen macht, das ist die Bündelung der Probleme. Kaufzentren auf der grünen Wiese, Attraktivität auch der kleineren Städte im Unterland, scharfer Preisvergleich der Kunden, Zurückhaltung bei größeren Ausgaben, kleiner Geldbeutel dank erhöhten Steuern und Abgaben. Wenn die Wirtschaftskrise gemeistert werden soll, muß der Verbrauch der Menschen angespornt werden. Und da helfen keine guten Sprüche und Klagen, sondern nur mehr Geld.

Gestoppt
Im Heilbronner Gemeinderat zeigten die Stadträte Zähne. Die Erhöhung von Gebühren und Abgaben, die im nächsten Jahr mit großer Durchschlagskraft auf die Bürger zurollen sollte, ist vorerst gestoppt. Eine herbe Niederlage bereitete die Mehrheit im Stadtparlament OB Manfred Weinmann und seinem Finanzdezernenten Werner Grau. Maßvollen Steuer- und Gebührenerhöhungen wollte der Rat nur zustimmen, wenn zuvor die gesamte Einsparpalette auf dem Tisch liege und die Ausgabenseite insgesamt abgestimmt sei. Einig waren sich in dieser Aussage CDU, Freie Wähler, FDP und Republikaner. Mangelnden Mut und fehlendes Rückgrat warf die SPD dieser bürgerlichen Mehrheit vor. Das Haushaltsloch von 25 Millionen sei nur mit höheren Abgaben zu stopfen Und auch die Grünen stimmten mit der Verwaltung und den Sozis. Die Fronten sind geklärt. Jetzt muß eine Politik des Kompromisses herbeigeführt werden. In langwierigen Verhandlungen. Mal sehen wie gerupft wir Bürger dabei herauskommen.

Langfinger
Die Aufklärungsquote ist kläglich: Gerade mal 14 Prozent der Wohnungseinbrüche werden von der Polizei aufgeklärt. Doch, der Bande, die derzeit im Süden des Landkreises Heilbronn ihr Unwesen treibt, ist bislang überhaupt nicht auf die Schliche zu kommen. Nun bittet das Polizeirevier Weinsberg die Bürgerinnen und Bürger per Handzettel um Mithilfe. Auf einem rosaroten Blatt Papier werden die Wohnungsinhaber darauf hingewiesen, daß Städte und Gemeinden mit guter Verkehrsanbindung in Autobahnnähe oder an gut ausgebauten Bundes- oder Landstraßen besonders gefährdet sind. Beliebte Tatzeit der Langfinder: ab Einbruch der Dunkelheit bis etwa 22 Uhr, wenn Wohnungsinhaber offensichtlich abwesend sind, also die Wohnung unbeleuchtet ist. Ich würde diese verzweifelte Warnung beinahe eine Kapitulation der Polizei vor dem Verbrechen nennen. Und da diskutieren Politiker eine Straffreiheit für Ladendiebe. Das ist falsch verstandene Liberalität, geradezu eine Einladung für dreiste Gauner. Denn die gehen, wie kürzlich bei Beilstein geschehen, so vor, daß sie nicht geheimnisvoll im Dunkeln ,,arbeiten". Nein, völlig überrascht stellte die Polizei fest, daß die aufgebrochene Wohnung hell erleuchtet war.

Ökologischer Blödsinn
Da hat die Europäische Union wieder mal für ökologischen Blödsinn gesorgt. Wer sein Leergut zum Weingärtner zurückbringen will, könnte immer mal wieder eine Überraschung erleben. Denn es werden nur noch Flaschen mit Sternenkranz zurückgenommen. Und der Rest der gläsernen Ware? Der wird wohl vernichtet werden. Den Heilbronner Wengertern stehen ob solchen europäischen Unsinns die Haare zu Berge.

Knitzer KnabeEr ist schon ein knitzer Knabe, der Unterländer FDP-Landtagsabgeordnete Richard Drautz. Flugs hat er vergangene Woche das Erdgeschoß des Stuttgarter Landtages für eine Fete unter Beschlag genommen. Allerhand wichtige und unwichtige Unterländer Persönlichkeiten waren geladen. Damit bewies Drautz den Stuttgartern bereits zum zweiten Mal - im vergangenen Jahr fand dieser Unterländer Herbst auch schon statt - wie gut man im Stadt- und Landkreis Heilbronn Feste feiern kann. Daß Drautz auch viel für die eigene Popularität tat, versteht sich von selbst. Neben einigen Landeskorrespondenten der Tageszeitungen hatte sich der Chefredakteur der Heilbronner Stimme zu Drautz bemüht. Wie man aus ungewöhnlich gut informierten Kreisen erfahren konnte, soll Wolfgang Bok die ersten zarten Kontakte zur Heilbronner Weinszene geknüpft haben, obwohl er sich an diesem Abend überwiegend dem Bier widmete. Prost!

ArbeitslosUnverändert ist die Quote der Arbeitslosen Ende Oktober im Arbeitsamtsbezirk Heilbronn geblieben. Satte 8.1 Prozent In Baden Württemberg liegt sie bei 7,3 Prozent. Im Oktober 1993 zählte man im Unterland noch 7,9 Prozent. Von Entwarnung also kann niemand sprechen Im Gegenteil: die Firmen der Region geben an, daß durchaus noch Einsparungen bei den Arbeitsplätzen vonnöten seien. Was die Konjunktur zur Zeit belebt, das ist ein leicht ansteigender Export. Aber was sagen Zahlen über die wirkliche Lage der Menschen. Arbeitslosigkeit ist nicht unbedingt materielles Elend, aber durchaus ein Einschnitt ins Selbstvertrauen, in den gewohnten Lebenslauf und zerstört allzuoft die Psyche einer Familie. Mitleid und Hilfsbereitschaft dürfen deshalb keine Fremdworte für uns werden.

Die GrößtenWir Unterländer sind die Besten und Größten - zumindest, wenn es um den Weinbau in Württemberg geht. Aber der Reihe nach. Das bekannte Verbrauchermagazin DM erstellt alljährlich eine Liste der besten 100 Weingüter in Deutschland. Wer auf dieser Liste steht, kann sich ,,von" heißen. Denn die Juroren sind echte Weinkenner. Mit dem kalifornischen Fachmann Joel Payne sei nur ein Name genannt. Diesmal sind württembergische Güter ganz rar vertreten. Gerade mal vier konnten das begehrte Gütesiegel ergattern. Und wie heißen sie? Es sind dies Drautz-Able, Fürst zu Hohenlohe, die Weinsberger Weinbau-Lehranstalt und Graf von Neipperg in Schwaigern.

IndustrieparkNun ist es also heraus: Der Industriepark vor dem Neckarsulmer Audi-Werk wackelt. Bad Friedrichshall hat sich aus dem Projekt zurückgezogen. Und man kann es Bürgermeister Peter Knoche nicht mal verdenken. Zu hoch sind die Vorleistungen, welche die Kommune bringen müßte. Vor der Bundestagswahl war dieser Industriepark immer wieder ein Thema für Politiker aller Couleur. Besonders unser Wirtschaftsminister Dieter Spöri (SPD) hat sich wortreich für das Projekt eingesetzt. Bevor die ganze Sache nun endgültig platzt, wäre die einigende Kraft des SPD-Mannes, der sich doch so sehr als Partner der Wirtschaft versteht, gefragt. Übernehmen Sie, Herr Spöri!

Luft-Image
Rund 20 000 Autos täglich rattern durch Bad Wimpfen. Bürgermeister Brechter weiß nicht erst seit dem für das Image der Kurstadt verheerenden Luftgutachten, daß etwas gegen die dicke Luft zu tun ist. Tunnelbau oder Umgehungsstraße? Beides wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis die Genehmigungsbehörden entschieden haben. Wimpfen hätte viel früher Druck machen, darstellen müssen, wie miserabel die Verkehrslage im Ort ist. Erinnern wir uns: Schon in den achtziger Jahren gab es in dem Ort einige Bürger, die den damaligen Bürgermeister Klaus Czernuska darauf aufmerksam machten, daß die Autos um die Stadt fahren sollten. Das wäre besser für die Einwohnerinnen und Einwohner, besser, deren Gesundheit. Damals wurde dies alles von den etablierten Parteien und Vertretern des Gemeinderates als „grüne Spinnerei“ abgetan. Und heute? Da wäre manch einer froh um eine Umgehungsstraße.

Kiliansmännle, 09.11.1994

TiefflugDie Stadt Heilbronn hatte aufgrund von Beschwerden einiger ihrer Bürger beim Bundesluftwaffenamt nachgefragt, wie es konkret mit den Tiefflügen über dem Unterland ausschaut. Letzte Woche wurde dann geprüft. Auf dem Eselsberg in Flein stand militärisches Gerät - von Montag bis Freitag. Mit dem Radarsystem „Skyguard“ wurde festgestellt, ob es Verstöße gegen die vorgeschriebene Tiefflugschneise im Höhenband zwischen 300 bis 450 Meter gab. Ergebnis: keine besonderen Vorkommnisse, keine Verstöße. Ich möchte nicht wissen, was uns Steuerzahler diese Aktion gekostet hat. Aber Bürger-Anfragen müssen schließlich in einer Demokratie ohne Umschweife beantwortet werden. Übrigens, um 82 Prozent wurden seit 1980 die Flugstunden der Alliierten und der Bundeswehr über Deutschland reduziert.

Kneipen-HochHeilbronn hat nach Saarbrücken in Deutschland die höchste Gaststättendichte. Nur Saarbrücken übertrumpft die Käthchenstadt. Thomas Aurich, Kreisvorsitzender des Heilbronner Hotel- und Gaststättenverbandes verkündet stolz die Zahlen: in der Saarstadt zählt man 489 Gaststätten pro 100.000 Einwohner, in Heilbronn 466. Wenigstens ein Rekord für Heilbronn. Besonders erfreut sind die Heilbronner Wirte jetzt darüber, daß die Stadt die Sperrzeiten-Regelung für Außenbewirtschaftungen 1995 „einzelfallbezogen“ regeln will. Und das mit einem großzügigen Maßstab, allerdings unter Berücksichtigung der Betriebsstruktur und der Anliegen der Anwohner. Warten wir es ab. Der nächste Sommer kommt bestimmt.

ChinaDie Industrie- und Handelskammer Heilbronn unterzeichnet mit einer chinesischen Wirtschaftsdelegation ein richtungsweisendes Abkommen, auf den Brettern der Kammerspiele im Theater Heilbronn wird von einem Pekinger Theater ein zeitgenössisches Drama in chinesischer Sprache gezeigt und der Oberbürgermeister Heilbronns begrüßt in seiner Rede im Großen Ratssaal „das Zusammentreffen zweier Kulturen und Systeme“. Ausstellungen und Workshops im Theater runden die geistige Auseinandersetzung mit den in Heilbronn als Gäste weilenden Chinesen ab. Da kann ich nur sagen: Dank den Initiatoren, dem Theater-Verwaltungsdirektor Jürgen Frahm und dem Gemeinschaftskernkraftwerk Neckarwestheim. Völkerverständigung wächst bekanntlich eher von unten, weniger auf dem glatten diplomatischen Parkett. Und über kurz oder lang wird eine freie Marktwirtschaft in China auch das Problem einer diktatorisch herrschenden Partei beseitigen.

Baulücken
Um vier Baulücken in Heilbronn zu beseitigen, zahlte die Stadt Heilbronn 185 000 Mark für einen Architekturwettbewerb. Die prämierten Pläne für die Beseitigung der innerstädtischen Schandflecken liegen jetzt vor und werden demnächst in einer Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Eigentümer der Grundstücke jedoch zeigten der Stadt die kalten Schulter. Von vieren kam grad einer ins Technische Rathaus. Und der äußerte sich abwartend zu den städtischen Plänen. Steuergelder mal wieder zum Fenster rausgeworfen? Die gute Absicht der Stadt ist beachtenswert. Aber es sollte nicht etwas getan werden, damit etwas getan ist. Alles muß seinen Sinn und Zweck haben, wenn Steuergelder dafür ausgegeben werden. Hätte die Stadt nicht vorher mit den Grundstücksbesitzern in Verhandlungen treten können? Vielleicht hätte sie sich dann den Wettbewerb sparen können.

Rotlicht
Heilbronns Südstadt ist für die Käthchenstadt das, was Sankt Pauli für Hamburg darstellt. Der Puff, die Nachtbars und Rotlicht-Kaschemmen sind vielen Anwohnern schon lange ein Dorn im Auge. Ein neuer vom Gemeinderat verabschiedeter Bebauungsplan soll jetzt Vergnügungsstätten, Spielhallen und das Sexgewerbe in der Südstadt in geordnete Bahnen lenken. Ob der hilft, dem Viertel die Stigmatisierung wegzuwischen? Andere Teile der Stadt haben seit Jahrzehnten einen verruchten Namen, zum Beispiel das Hawaii im nördlichen Industriegebiet. Alle Maßnahmen, um das Viertel aufzuwerten, fruchteten bislang wenig. Es wurde nur schlimmer und schlimmer. Soziale Brennpunkte ziehen halt lichtscheue Menschen aus welchem Milieu auch immer an.

Großspurig
Ziemlich großspurig, was Herr Raatz da vor wenigen Tagen von sich gegeben haben. Zurück in die kommunale Verwaltung habe es ihn, den ehemaligen Obereisesheimer Ortsvorsteher und bisherigen Chef des Neckarsulmer Zweiradmuseums und Aquatolls, nie gezogen. Rathaus-Chef wollte er nicht werden, der Friedhelm Raatz, weil, und jetzt kommt es: „Für mich zählt die Herausforderung.“ Das bedeutet doch im Klartext, ein Bürgermeister-Posten ist heutzutage keine Herausforderung mehr - zumindest nicht für einen Kerle wie Friedhelm Raatz. Jeder Schultes im Ländle müßte jetzt eigentlich Raatz fragen, wo dieser denn seine Augen und Ohren während seiner Lehrlings-, Gesellen- und Meisterjahre als Rathausmitarbeiter gehabt hat. In der freien Wirtschaft - Raatz wechselt zu einer Gesellschaft, die Bäder, Sportanlagen und Hotels baut - wird man ihm schnell die großspurigen Töne austreiben. Da ist auch nichts mit behördlich geregelter Arbeitszeit. Eine echte Herausforderung, gell Herr Raatz?

Wieder nichtsEs hat nicht sollen sein. Beate Weinreuter hat es auch beim zweiten Versuch nicht geschafft. Massenbachhausen wählte Christoph Schulz und nicht die ehemalige Leiterin der Stabsstelle im Leingartener Rathaus zum Bürgermeister. Fast 60 Prozent der Stimmen bekam der Nachfolger von Erich Schott. Weinreuter landete mit knapp 22 Prozent auf dem zweiten Rang. Und wie bei ihrem mißglückten Versuch bei der Bürgermeisterwahl in Leingarten suchte Beate Weinreuter die Schuld für ihre Niederlage bei jemand anderem. Diesmal war es die Öffentlichkeit, der/die schlichte Wahlbürger/in. Die sei einfach noch nicht soweit, das Bürgermeisteramt immer noch eine Männerdomäne, so Weinreuter. Vielleicht liegt es ja auch an Ihrer Person, Frau Weinreuter. Wir leben in einer Demokratie - und da entscheidet die Mehrheit. Und Frauen sind im Kommen. Löwenstein beispielsweise hat eine Bürgermeisterin. Es kommt eben auf die Frauen an.

Verbrecher auf Tour
Das Böse ist immer und überall. Allerdings derzeit besonders im südlichen Landkreis Heilbronn. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Polizei nicht einen Wohnungseinbruch registrieren muß. Geschnappt werden der oder die Täter freilich nicht. Magerer Erfolg der Ordnungshüter: die Spurensicherung stellte bei verschiedenen Einbrüchen ein und denselben Fußabdruck fest. Meist drangen die Täter am hellichten Tag in die Wohnungen ein. Manche Polizisten sehen auch im Unterland Zustände heraufdrohen, wie in den neuen Bundesländern mit einer Grenze zu Osteuropa. Dort vertrauen die Bürger nicht mehr auf die Polizei. sie bilden Bürgerwehren, um den Einbrechern Paroli bieten zu können.

Industriepark
Nun ist es also heraus: Der Industriepark vor dem Neckarsulmer Audi-Werk wackelt. Bad Friedrichshall hat sich aus dem Projekt zurückgezogen. Und man kann es Bürgermeister Peter Knoche nicht mal verdenken. Zu hoch sind die Vorleistungen, welche die Kommune bringen müßte. Vor der Bundestagswahl war dieser Industriepark immer wieder ein Thema für Politiker aller Couleur. Besonders unser Wirtschaftsminister Dieter Spöri (SPD) hat sich wortreich für das Projekt eingesetzt. Bevor die ganze Sache nun endgültig platzt, wäre die einigende Kraft des SPD-Mannes, der sich doch so sehr als Partner der Wirtschaft versteht, gefragt. Übernehmen Sie, Herr Spöri!

Stettenfels
Alle sind dafür: Untergruppenbachs Gemeinderat, das Landratsamt Heilbronn, ein Fleiner Architekt wollen, daß bei der Burg Stettenfels ein 200-Betten-Hotel gebaut wird. Alle? Eben nicht. Das Landesdenkmalamt in Stuttgart stört sich an der Größe des geplanten Objektes. Und irgendwie kann ich die Stuttgarter Denkmalhüter verstehen. Waren Sie schon mal bei der Burg Stettenfels? Wenn nein, dann sollten Sie sich den Ausflug gönnen. Man hat einen herrlichen Ausblick - fast so toll wie vom Kiliansturm. Rund um die Burg eine Art verwilderter Park. Eigentlich wäre es schade, wenn hier ein moderner Hotelneubau hinkäme. Übrigens hat ein Bagger schon einen Teil des Dornröschengartens ebengeschoben. Ob das genehmigt war? Einige Untergruppenbacher Gastwirte sind verständlicherweise auch nicht begeistert von den Neubauplänen. Konkurrenz belebt das Geschäft auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Unter den Einwohnern ist das ehrgeizige Hotelprojekt nicht unumstritten. Ein Hotel dieser Größenordnung bedeutet viel Autoverkehr. Die Idylle auf dem Stettenfels wäre empfindlich gestört. Also so allein stehen die Denkmalschützer aus Stuttgart nicht da.

Kiliansmännle, 02.11.1994

Spöri-SpitzeDie Bundestagswahl ist knapp vorbei, da beginnt schon der Wahlkampf im Ländle. Obwohl die Landtagswahl erst im Frühjahr 1996 stattfinden wird, hat dieser Tage der SPD-Landesvorsitzende und Fraktionschef im Stuttgarter Landtag Ulrich Maurer sein Interesse an der Spitzenkandidatur für seine Partei angemeldet. Das heißt: er will gegen Erwin Teufel, den CDU-Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten ins Rennen gehen. Damit wäre es um Dr. Dieter Spöri als SPD-Spitzenmann in Baden Württemberg geschehen. Der Heilbronner Landtagsabgeordnete, Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident müßte hinter seinen Landesvorsitzenden ins zweite Glied zurücktreten. Ulrich Maurer, im Schattenkabinett von Rudolf Scharping als Bundesinnenminister vorgesehen, hat offensichtlich Gefallen an einem Spitzenamt in der Regierung gefunden. Wenn ich von meinem Turm herab richtig sehe, dann muß Maurer allerdings noch reichlich ackern, um seine Partei in Baden Württemberg über die 30-Prozent-Marke zu bringen. Der Strahlemann Spöri hat‘s bisher nicht geschafft . Und ob der ein wenig linkisch und grob wirkende Maurer das fertigbringt, ist mehr als ungewiß. Die Demontage des Dieter Spöri hat auf jeden Fall begonnen.

GlückwünscheIn einer Demokratie mit Tradition ist es üblich, daß der Verlierer den gewählten Gegner beglückwünscht. Was aber geschah in der Woche nach der Bundestagswahl in Deutschland? Da tobt die Opposition vor Wut und Rache und droht der gewählten Regierung, alles zu tun, um deren Handlungsfähigkeit unmöglich zu machen. Das mag deutsche Tradition sein, aber keine demokratische. Gewählt ist, wer eine Mehrheit vom Volke erhalten hat. Und diese Gruppierung muß regieren, zum Wohle des Volkes. Und die Opposition hat mit ihrer Arbeit im Parlament die beste Gelegenheit, Fehler der Regierung ständig aufzuzeigen, damit Schaden vom Lande abgewendet wird. Was uns Wahlbürgern aber dieser Tage vorgespielt wird, ist niederträchtig und skandalös. Vor allem wenn ich höre, daß es SPD-Funktionäre gibt, die mehr Gemeinsamkeiten zwischen ihrer Partei und der PDS sehen als mit der CDU. Gute Nacht, westliche Demokratie in deutschen Landen, kann ich da nur laut von meinem Turm rufen.

Ausgeträumt
Viele schöne Träume hegen manche Parteien - auch in der Kommunalpolitik. Aber im Gemeinderat Heilbronns wird langsam klar: Träume und Pläne zerplatzen wie Seifenblasen, wenn sie auf die finanziellen Realitäten unserer Zeit stoßen. Im nächsten Jahr wird - so die Stadtverwaltung - erstmals im Stadtsäckel ein Loch von rund 25 Millionen Mark klaffen. Und wie deckt man Schulden ab? Klar, wie gewohnt: man schröpft den gemeinen Bürger. Gewerbesteuer rauf um 8,6 Prozent. Um 11,5 bzw. 17,3 Prozent sollen die Grundsteuern A und B erhöht werden. Gebühren und Tarife, ohnehin schon stark belastend für uns Steuerzahler - nochmals rauf damit: vor allem bei Müll, Abwasser (+12%), Kindergärten (+27%), Kindertagesstätten (+10%). Einsparen will man allerdings auch - beim städtischen Personal durch eine sechsmonatige Stellen-Wiederbesetzungssperre. Vom Turm herab deucht mir: es wird nicht gespart, sondern weniger ausgegeben. Aber : wer Schulden hat, muß seine Ausgabe radikal kürzen. Denn er hat mit dem Geld aus seiner und der Kinder Zukunft schon gelebt. Wo ein Loch von 25 Millionen klafft, muß drastisch beim Vorhandenen gespart werden, ohne daß der Bürger mit neuen Abgaben belastet wird.

Prost I
Na, denn Prost! Der Kleinkrieg zwischen dem württembergischen Weinbauverband und dem renommierten internationalen Weinmagazin „Vinum“ geht weiter. Ich habe Ihnen ja an dieser Stelle schon davon berichtet, wie Weinbauverbandgeschäftsführer Karl-Heinz Hirsch in einem Artikel seiner Verbandszeitung dem Vinum-Redakteur Rudolf Knoll vorwarf, bei der Vinum-Rotwein-Prämierung sei nicht immer alles in Ordnung. Knoll wollte daraufhin einen Gegendarstellung in Hirschs Verbandsgazette. Doch der bekanntermaßen kantige Weinbauverbandsgeschäftsführer sagte „Nein“ zu Knolls Forderung. Er, Hirsch, habe als Privatmann geschrieben. Knoll durfte nur einen Leserbrief platzieren. Wer freilich dachte, damit sei die Fehde beigelegt, sah sich getäuscht. Knoll kartete in seinem jüngsten Heft nach, bezeichnete Hirsch als „konsequenten Feind unseres Rotwein-Wettbewerbs“. Der Hintergrund des Streits: es geht - wie so oft bei solchen Dingen - ums liebe Geld. Denn durch den immer erfolgreicher werdenden Rotwein-Wettbewerb des Knolls ist der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) eine unliebsame Konkurrenz erwachsen. Die DLG - und zu der gehört Hirschs Verband - führt nämlich seit Jahrzehnten den größten nationalen Weinwettbewerb, die Bundeswein-Prämierung durch. Und gegen die löckt Knoll immer wieder mal den Stachel. Kein Wunder also, daß sich Hirsch wehrt.

Prost IIHermann Hohl, seines Zeichens Präsident des Württembergischen Weinbauverbandes und Chef der Genossenschaft aus dem Weinsberger Tal, hat erkannt, daß der Württembergische Weinbauverband neue Wege gehen muß. Nicht zuletzt wegen der starken europäischen Binnenmarkt-Konkurrenz. Deswegen geht seine WG bei Marketing-Strategien kürzer und klarer an den Käufer heran als dies Mitbewerber tun. Bandwurmfirmierungen auf dem Flaschen-Etikett wirken da eher bieder und hinderlich. Besser erschien Hohl da schon, schlicht und einfach zu sagen „Willsbacher Weingärtner“. Na, denn Prost.

Freie FahrtNicht allzuweit von Wein und Reben flitzen täglich zehntausende von Blechkarossen auf der Autobahn A 6 an Neckarsulm, Heilbronn, Erlenbach und Weinsberg vorbei. Flitzen? Von wegen! Meist stehen auf der rechten Fahrspur die LKW und links schleichen die PKW entlang. Es sind einfach zu viele Autos für zu wenig Straße. Gut so, mag mancher sagen, dann werden endlich die öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut. Ein frommer Wunschtraum, den man unlängst auch mal wieder in einer Lokalzeitung lesen konnte. Ziemlich blauäugig überdies, denn bis die öffentliche Alternative endlich spruchreif ist, hat sich die „Wirtschaftsregion Heilbronn“ ganz in den Schatten des großen Bruders „Mittlerer Neckarraum“ verkrochen. Zumal nahezu jeder Industrie- und Gewerbebetrieb für den Ausbau der A 6 ist.

MachtverlustDen Herren der Rathäuser ist sie eine ganz wichtige Sache: die Bauordnung. Nun will ja - ich habe vom Turm herab bereits darüber berichtet - die baden-württembergische Landesregierung die Landesbauordnung ändern. Für die Kommunen bedeutete dies Machtverlust und Geldeinbußen. Denn bis ein Baugesuch einmal genehmigt ist, verdient die jeweilige Gemeinde einige Tausend Mark. Aber es ist gut so, daß den Rathaus-Verantwortlichen hier die Einflußmöglichkeiten eingeschränkt werden sollen. Denn, halten Sie sich fest, wissen Sie wie lange ein Baugesuch bis zur Genehmigung in einer württembergischen Gemeinde wie Heilbronn oder Neckarsulm im Durchschnitt liegt, bis ihm stattgegeben wird: 79 Tage! Zu diesem Ergebnis kamen die Wirtschaftsforscher des Prognos-Instituts. Und die Schultes sollen nur nicht gleich wieder wettern und sagen: „Bei mir in der Gemeinde sind es nur drei Wochen.“ Dem halten bauwillige Bürgerinnen und Bürger entgegen, daß in größeren Städten ein solches Baugesuch auch mal ein Jahr „bearbeitet“ wird.

Streng geheimDas Treffen der Herren war streng geheim: Nur soviel sei verraten. Stattgefunden soll es in einem der vielen Unterländer Besen haben. Es waren fünf Männer im Alter zwischen 45 und 62 Jahren. Allesamt Professoren, die sich mit der Wirtschaftsentwicklung von Städten beschäftigen. Diesmal ging es um Heilbronn und seine Umgebung. In launiger Runde arbeiteten sie ein Stärken- und Schwächenprofil der Käthchenstadt heraus. Stärken: gute Lage zwischen den Ballungsräumen Stuttgart, Mannheim und Frankfurt; gute Autobahnanbindung; Fachhochschule; großes Angebot an Fachkräften; viele Spediteure; hoher Wohn- und Freizeitwert. Und nun die Schwächen: Überlastete Autobahnen; Bekanntheitsgrad der Stadt ist nur gering; Großunternehmen wie Audi werden nicht mit dem Standort in Verbindung gebracht; Flächenengpässe.

Kiliansmännle, 26.10.1994

Verpennt?Sie wogt hin und her, die Debatte über einen funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr fürs Unterland. Karlsruhe - Eppingen - Heilbronn: Immerhin für die Richtung gen Norden haben die Kommunalpolitiker zukunftsweisende Ideen entwickelt. Aber wie stellt sich die Situation im südlichen Landkreis Heilbronn dar? Pustekuchen! Von einer Anbindung an Stuttgart mit der S-Bahn kann noch keine Rede sein. Gerade mal bis Marbach rattern die S-Bahn-Waggons. Und dann kommt man höchstens noch mit mehr schlecht als recht funktionierenden Busverbindungen ins Oberzentrum Heilbronn. Das müßte nicht so sein, hätten sich die Stadtoberen der Käthchen-Kommune früher und stärker ins Zeug gelegt, sprich, mehr Interesse an einem Ausbau des Schienenverkehrs für den südlichen Kreis gezeigt. Aber da fehlt es wohl an Initiative. Überhaupt kommen die Macher-Qualitäten wohl derzeit eher aus dem Landratsamt als aus dem Rathaus Heilbronn.

MarketingSchön und gut: Es gibt den Verkehrsverein in Heilbronn. Aber der reicht wohl nicht mehr aus, um die Vorzüge der Großstadt richtig bekannt zu machen. Andere Städte aus der Nachbarschaft wie Stuttgart und Ludwigsburg haben es erfolgreich vorgemacht. Die Vorzüge der Gemeinden werden dort von privatwirtschaftlich organisierten Marketing-Gesellschaften ins rechte Licht gerückt. Auch Esslingen ist jetzt auf diesen Dampfer gesprungen. Neu gegründet wurde dort die Esslinger Stadtmarketing und Tourismus GmbH. Gerade in den Zeiten von Rezession und Arbeitsplatzabbau soll sie die schönen und malerischen Seiten der ehemaligen Freien Reichsstadt herauskehren. Und wer regiert im Esslinger Rathaus als Oberbürgermeister? Ein einstiger Heilbronner Bürgermeister, nämlich Ulrich Bauer. Den könnte sich unser OB in Sachen Marketing ruhig mal zum Vorbild nehmen.

SchlammschlachtHeilbronn macht es vor, fährt seinen Dreck gen Osten. Wir erinnern uns an die hitzigen Gemeinderatsdebatten zu diesem Müll-Thema. Aber der Landkreis, besser gesagt eine ganze Reihe von Landwirten, importieren auch Dreck. Sie erhalten Klärschlamm aus Bayern, um diesen auf ihren Feldern zu deponieren. Dafür wird gutes Geld kassiert. Und wie schaut es mit der Grundwasserbelastung aus? Noch keine Probleme, signalisieren die betroffenen Kommunen. Noch nicht. Was nicht ist, kann ja noch werden. Ich erinnere mich gut an die heftige Debatte, als es darum ging, Neckarschlamm auf die Felder zu kippen. Aber die Bayern sind eben ein sauberes Völkchen.

Mittwoch, 2. September 2009

Kiliansmännle, 19.10.1994

Wackeln„Der Wechsel ist zum Wählen nah“, war die große Überschrift in einer Partei-Sonntagszeitung, die in den letzten Wochen regelmäßig in meinem Briefkasten lag. Nah war er, aber nicht nah genug. Die letzte Umfrage des seriösen Instituts für Demoskopie Allensbach wenige Tage vor der Wahl deutete schon sehr genau auf das Ergebnis hin: CDU/CSU 41,0, SPD 35,5, FDP 7,5, Grüne 8,0 und PDS 4,0 Prozent. Und war kam tatsächlich bei der zweiten gesamtdeutschen Bundestagswahl heraus? Vorläufiges amtliches Endergebnis: CDU/CSU 41,5, SPD 36,4, FDP 6,9, Grüne 7,3 und PDS 4,4 Prozent. Die Koalition in Bonn hat also mit ihren 341 Mandaten einen Vorsprung von zehn Sitzen vor der linken Opposition. Jetzt muß die FDP zeigen, ob gilt, was sie vor der Wahl immer laut hinausposaunt hat: ohne Hampeln und Wackeln zur christlich-liberalen Koalition in Bonn stehen. Wackelt sie jetzt, begeht sie auch bundespolitisch Selbstmord.

LändleAlle 37 Wahlkreise in Baden Württemberg hat die CDU am Sonntag erobern können. Das ist ein klarer schwarzer Sieg. Landesweit bei den Zweitstimmen ist der CDU-Triumph allerdings nicht so eindeutig: CDU 43,3, SPD 30,7, FDP 9,9, Grüne 9,6 und Republikaner 3,1 Prozent. Allerdings ist das Ergebnis eine gute Ausgangslage für die nächsten Landtagswahlen im Ländle. Es könnte also für eine christlich-liberale Koalition langen und der Rep-Spuk hätte in Stuttgart ein Ende. Aber gewählt wird erst in zwei Jahren. Und da fließt noch viel Wasser den Neckar hinunter.

Ein MdBZwei Bundestagsabgeordnete hatte der Wahlkreis Heilbronn vor dem 16. Oktober. Da der Sieger Egon Susset heißt und mit 45,1 Prozent der Erststimmen gewählt wurde, gibt‘s für das Unterland wieder nur einen MdB. Der CDU-Mann hat seinen Kontrahenten Peter Alltschekow zum zweiten Mal in die Schranken verwiesen. Mit 36,9 Prozent der Erststimmen muß der SPD-Mann langsam daran denken, in vier Jahren Platz für einen attraktiven Nachfolger zu machen. Und den Sozis muß auch zu denken geben, daß in ihren Hochburgen der Heilbronner Wahlbezirke die Republikaner immer noch sehr stark sind. Bis zu 16 Prozent der Zweitstimmen und 18,5 Prozent der Erststimmen konnte Alfred Dagenbach für sich verbuchen. Bedenklich ist auch, daß die Reps im Stadtkreis immer noch bei 5 Prozent liegen, während sie im Landesdurchschnitt lediglich 3,1 Prozent auf sich verbuchen konnten. Eindeutig und klug haben im Heilbronner Wahlkreis die FDP-Wähler entschieden: mehrheitlich die Erststimme für Susset, die Zweitstimme für die Liberalen. Die Grünen-Wähler dagegen verschenkten ihre Erststimme und haben damit indirekt den CDU-Mann gewählt.

Radikale
In diesem Bundestagswahlkampf wurde ein Zitat Kurt Schumachers wie eine Keule geschwungen: der westdeutsche Nachkriegs-SPD-Vorsitzende hatte einst vor den Kommunisten als rotlackierten Nazis gewarnt. Die PDS, die Nachfolgepartei der verbrecherischen SED, wehrte sich heftig gegen die Attacke aus CDU-Kreisen, die gerade dieses Schumacher-Wort auf die „roten Socken“ angewandt hatte. Aber Kurt Schumacher, einst hochgelobt und viel gescholten, sprach auch Worte, die eigentlich gute SPD-Geschichte sein sollten: „Wir deutschen Sozialdemokraten sind nicht britisch, nicht russisch, nicht amerikanisch und nicht französisch. Wir sind die Vertreter des deutschen arbeitenden Volkes und damit der deutschen Nation.“ - Eine Verpflichtung. Und auch in den Nachkriegsjahren analysierte er scharfsinnig: „Im Sinne der deutschen Politik ist die kommunistische Partei überflüssig. Ihr Lehrgebäude ist zertrümmert, ihre Linie durch die Geschichte widerlegt.“ So mancher in der Sozialdemokratie hätte in den letzten zwei Jahrzehnten bei ihm nachlesen können, wie man Kommunisten einzuschätzen hat. Damit wären viele Mißverständnisse gar nicht erst entstanden. Und vielleicht hätte es mit diesem Geist auch zum ersehnten Wechsel in Bonn gereicht.

UrteilVor dem Landgericht in Heilbronn wurde in der vergangenen Woche ein Totschlagsprozeß verhandelt. Ein nicht unbekannter Heilbronner Bürger, ein 54 jähriger Küfermeister war angeklagt, seine Frau mit einer Sektflasche und einer gußeisernen Bratpfanne brutal erschlagen zu haben. Nur zwei Verhandlungstage - und das milde Urteil war gesprochen: dreieinhalb Jahre Gefängnis. Unter honorigen Heilbronnern hatte der Prozeß viel Aufsehen erregt. Man sprach sogar davon, daß viel gesellschaftlicher Dreck hätte aufgewirbelt werden können, wenn genauso detailliert und haarscharf verhandelt worden wäre, wie zum Beispiel im Heilbronner Duschorgien-Prozeß, bei dem es ja nur um die Existenz weniger bekannter Angeklagter ging - und die Ehre der Polizei. So blieb halt beim „bürgerlichen Trauerspiel“ viel unter dem Teppich, während beim „Polizisten-Trauerspiel“ der ganze Dreck juristisch weggeputzt wurde.

Interessanter KreisDas Treffen der Herren war streng geheim: Nur soviel sei verraten. Stattgefunden soll es in einem der vielen Unterländer Besen haben. Es waren fünf Männer im Alter zwischen 45 und 62 Jahren. Allesamt Professoren, die sich mit der Wirtschaftsentwicklung von Städten beschäftigen. Diesmal ging es um Heilbronn und seine Umgebung. In launiger Runde arbeiteten sie ein Stärken- und Schwächenprofil der Käthchenstadt heraus. Stärken: gute Lage zwischen den Ballungsräumen Stuttgart, Mannheim und Frankfurt; gute Autobahnanbindung; Fachhochschule; großes Angebot an Fachkräften; viele Spediteure; hoher Wohn- und Freizeitwert. Und nun die Schwächen: Überlastete Autobahnen; Bekanntheitsgrad der Stadt ist nur gering; Großunternehmen wie Audi werden nicht mit dem Standort in Verbindung gebracht; Flächenengpässe.

SchuldenViele schöne Träume haben die Parteien - auch in der Kommunalpolitik. Aber im Gemeinderat Heilbronns wurde letzte Woche klar: die Träume und Pläne zerplatzen wie Seifenblasen, wenn sie an der finanziellen Realität gemessen werden. Denn im nächsten Jahr wird - so die Stadtverwaltung - erstmals im Stadtsäckel ein Loch von rund 25 Millionen Mark klaffen. Und wie deckt man Schulden ab? Klar, wie gewohnt: man schröpft den Bürger. Gewerbesteuer rauf um 8,6 Prozent. Um 11,5 bzw. 17,3 Prozent sollen die Grundsteuern A und B erhöht werden. Gebühren und Tarife, ohnehin schon stark belastend für uns Steuerzahler - nochmals rauf damit: vor allem bei Müll, Abwasser (+12%), Kindergärten (+27%), Kindertagesstätten (+10%). Einsparen will man allerdings auch - beim städtischen Personal durch eine sechsmonatige Stellen-Wiederbesetzungssperre. Ich habe den Eindruck: es wird nicht gespart, sondern weniger ausgegeben, obwohl man Schulden hat. Ehrlich wäre: wenn ein Loch von 25 Millionen klafft, dann darf man dieses Geld eben nicht ausgeben. Drastisch beim Vorhandenen sparen heißt die Devise, ohne die Bürger mit neuen Abgaben zu belasten.

Kiliansmännle, 12.10.1994

Auf nach Bonn
Jetzt gilt es! Am Sonntag ist Wahl. Es geht schließlich um Bonn. Ich bewundere jene, die dahin in den Bundestag wollen. Bis Mitternacht auf Wahlveranstaltungen sich das Maul fusselig reden? Schon morgens in aller Herrgottsfrühe am Werktor von Audi oder anderswo stehen und um Stimmen buhlen? Nein danke! Ich wollte nicht Hinz und Kunz, Greti und Pleti schönreden, nur weil es um jede einzelne Stimme geht. Das müssen schon besondere Menschen sein, die uns da kopfweise vom Wahlplakat entgegenschauen. Also, tun wir ihnen den Gefallen, gehen wir wählen am Sonntag.

Wahlkampf
Vier Jahre ist sie alt: unsere deutsche Einheit. Und deshalb wird jetzt zum zweiten mal in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands ein gesamtdeutscher Bundestag gewählt. 60 Millionen Deutsche dürfen an die Wahlurne treten, davon allein 32 Millionen Frauen. Und wählen können wir zwischen den Großparteien CDU, CSU (nur in Bayern) und SPD, den Kleinen ‚Bündnis 90/Die Grünen‘, FDP und Republikaner, sowie den Splitterparteien Die Grauen, MLDP, ÖDP - und vielen anderen. Wahlkampf in der letzten Woche vor dem Showdown am 16. Oktober? Von heißer Phase keine Spur. Es gibt Beschimpfungen, die kaum einer ernst nimmt, Versprechen („XY schafft Arbeitsplätze für alle.“), die niemand glauben kann, und es gibt Unmengen bedruckten Papiers, das am Wahltag Makulatur ist. Aber vor allem Geld: jede Partei, die über einen 0,5 Prozent Stimmenanteil nachweisen kann, kassiert eine Mark pro Stimme. Und für die ersten fünf Millionen Stimmen erhalten die Parteien sogar 1,30 Mark. Da lohnt es sich, heftig Wahlkampf zu machen. Wir zahlen, was uns die Parteien da erzählen und versprechen.

Zwei MdB‘s
Der Wahlkreis Heilbronn hat seit August 1994 zwei Abgeordnete in Bonn. Egon Susset von der CDU wurde bei der letzten Bundestagswahl 1990 direkt mit den Erststimmen nach Bonn entsandt. Nachgerückt ist im August der SPD-Kreisvorsitzende und Jurist Peter Alltschekow über die Landesliste seiner Partei. Und nun will er das Mandat für Heilbronn gesichert wissen. Über die SPD-Landesliste erneut in den Bundestag einzuziehen hat er keine Chance. Denn er steht gar nicht auf dieser Liste. Egon Susset dagegen ist auf der CDU-Landesliste abgesichert. Und so geht der SPD-Mann Alltschekow damit hausieren, daß er die Wähler auffordert, ihn direkt mit der Erststimme zu wählen, weil sein CDU-Kontrahent über die Liste ohnehin sicher nach Bonn käme. Meint Peter Alltschekow etwa damit: Erststimme für ihn, Zweitstimme für die CDU? Ich kann seine Worte nur so verstehen.

Altes Gemäuer?
Alle sind dafür: Untergruppenbachs Gemeinderat, das Landratsamt Heilbronn, ein Fleiner Architekt wollen, daß bei der Burg Stettenfels ein 200-Betten-Hotel gebaut wird. Alle? Eben nicht. Das Landesdenkmalamt in Stuttgart stört sich an der Größe des geplanten Objektes. Und irgendwie kann ich die Stuttgarter Denkmalhüter verstehen. Waren Sie schon mal bei der Burg Stettenfels? Wenn nein, dann sollten Sie sich den Ausflug gönnen. Man hat einen herrlichen Ausblick - fast so toll wie vom Kiliansturm. Rund um die Burg eine Art verwilderter Park. Eigentlich wäre es schade, wenn hier ein moderner Hotelneubau hinkäme. Übrigens hat ein Bagger schon einen Teil des Dornröschengartens ebengeschoben. Ob das genehmigt war? Einige Untergruppenbacher Gastwirte sind verständlicherweise auch nicht begeistert von den Neubauplänen. Konkurrenz belebt das Geschäft auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Unter den Einwohnern ist das ehrgeizige Hotelprojekt nicht unumstritten. Ein Hotel dieser Größenordnung bedeutet viel Autoverkehr. Die Idylle auf dem Stettfels wäre empfindlich gestört. Also so allein stehen die Denkmalschützer aus Stuttgart nicht da.

Schlechte LuftDie Luft wird schlechter - nicht nur um den Kiliansturm herum. Auch Heilbäder wie beispielsweise Bad Wimpfen haben mit ungesunden Luftmeßwerten Probleme. Dabei sollte man doch in einer Kurstadt etwas für seine Gesundheit tun können. Nun wird wieder mal das Auto als Bösewicht ausgemacht. Bad Wimpfen scheint die nahegelegene Industrie zu vergessen.

Unterland AusstellungIn Heilbronn ist der Feschtles-Reigen vorüber. Unterländer Volksfest und Weindorf 1994 sind Geschichte. Und auch die Unterland Ausstellung auf der Theresienwiese, weniger ein Fest, mehr eine festliche Schau für Industrie, Handwerk und Handel, hat schon lange ihre Tore geschlossen. Alle zwei Jahre soll sie für uns Konsumenten „das“ Wirtschaftsereignis der Region sein. Heuer war‘s das erste Mal im Herbst - zehn Tage lang. Fröhliche Gesichter, gute Laune und positive Einstellung zum Wirtschaftsgeschehen sollten unseren kleinen wirtschaftlichen Aufschwung beflügeln. Die Afag-Ausstellungsgesellschaft aus Nürnberg richtete zum siebenten Mal im Auftrag der Stadt die Unterland Ausstellung aus, die im Volksmund noch immer schlicht „Unterländer Ausstellung“ genannt wird. In früheren Jahren hatte man mit Bandwurmnamen experimentiert, angeblich aus juristischen Gründen. Trotz aller demonstrativen Zuneigung, die zwischen Stadt und Afag gepflegt wird: manche Beobachter meinen jetzt, daß in zwei Jahren ein Wechsel bei den Ausstellungsmachern angesagt ist. Nicht weil die Afag des Heiko Könicke schlechte Arbeit geleistet hätte - rund 99.000 Besucher sind schließlich eine ansehnliche Zahl -, sondern weil der Wechsel das Geschäft belebt. Außerdem: die Kleinmessen in der Region haben - gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl - weitaus mehr Erfolge vorzuweisen.

Stadtbahn
Viel diskutiert, hochgelobt - das Stadtbahnprojekt im Unterland. Heilbronner Gemeinderat und Kreistag stimmten den Plänen jetzt mehrheitlich zu. Aber wie und wo wird die Stadtbahn durch Heilbronn fahren? In der Innenstadt soll die Bahn durch die Kaiserstraße rauschen. Ob durch einen Tunnel oder auf der Straße, das ist bis jetzt noch nicht klar. Und ob die Fahrgastzahlen in gewünschter Anzahl vorhanden sein werden, auch das steht auch noch in den Sternen. Vorstellungen gibt's bisher nur über die Kosten. Mindestbelastungen für die Stadt: 15 Millionen Mark jährlich für Kapitaldienst und Betriebskosten. Gewarnt wurde im Heilbronner Gemeinderat von einer Minderheit vor einem Phantom, dem man da hinterherrenne.

Kiliansmännle, 05.10.1994

Unterland Ausstellung
In Heilbronn ist der Feschtles-Reigen vorüber. Unterländer Volksfest und Weindorf 1994 sind schon wieder Geschichte. Und auch die Unterland Ausstellung auf der Theresienwiese, weniger ein Fest, mehr eine festliche Schau für Industrie, Handwerk und Handel, hat am Montag ihre Tore geschlossen. Alle zwei Jahre soll sie für uns Konsumenten „das“ Wirtschaftsereignis der Region sein. Heuer war‘s das erste Mal im Herbst - zehn Tage lang. Fröhliche Gesichter, gute Laune und positive Einstellung zum Wirtschaftsgeschehen sollten unseren kleinen wirtschaftlichen Aufschwung beflügeln. Die Afag-Ausstellungsgesellschaft aus Nürnberg richtete zum siebenten Mal im Auftrag der Stadt die Unterland Ausstellung aus, die im Volksmund noch immer schlicht „Unterländer Ausstellung“ genannt wird. In früheren Jahren hatte man mit Bandwurmnamen experimentiert, angeblich aus juristischen Gründen. Trotz aller demonstrativen Zuneigung, die zwischen Stadt und Afag gepflegt wird: manche Beobachter meinen, daß bald ein Wechsel bei den Ausstellungsmachern angesagt ist. Nicht weil die Afag des Heiko Könicke schlechte Arbeit geleistet hätte - rund 99.000 Besucher sind schließlich eine ansehnliche Zahl -, sondern weil der Wechsel das Geschäft belebt. Außerdem: die Kleinmessen in der Region haben - gemessen an der jeweiligen Einwohnerzahl - weitaus mehr Erfolge vorzuweisen.

FremdeFremde brauchen Freunde - so das Motto der „Woche des ausländischen Mitbürgers“ in Heilbronn. Multikulturelle Schlemmertage, Gespräche zwischen Christen und Muslime, Kindertheater, Ausstellungen, Auftritte von Tanzgruppen. Das klingt schön, wird vielleicht auch interessant - und ist gut gemeint. Aber wenn‘s ganz hart, super-konkret wird? Was dann? Zum Beispiel in Kirchardt am Neckar, dort wo die syrisch-orthodoxe Kirche ein Zentrum im Industriegebiet bauen will. 38 Meter lang, 20 Meter breit und 14 Meter hoch. „Haben die überhaupt kein Fingerspitzengefühl.“, hieß es in der Ratsrunde. Und eine Rätin meinte gar: “Daß die Kirche ins Industriegebiet geht, sehe ich nicht gerade als Zeichen ihres Integrationswillens an.“ - Jawoll, Frau Oberlehrerin, so isch halt au wieder - mit denne Ausländer. An ihren Worten erkennt ihr sie, die Wahrhaftigkeit der sonst so Fremdenfreundlichen. Anstatt sich über die Bereicherung durch ein neues Gotteshaus zu freuen, wird geschimpft und verhindert. Was würden unsere ach so toleranten Volksvertreter erst sagen, wenn schöne, große Synagogen und Moscheen auf Privatinitiative in unseren Städten und Gemeinden frisch entstünden? Fremde brauchen eben Freunde.

IHK-GästeabendJedes Jahr im Herbst in der Heilbronner Harmonie: Gästeabend der Industrie- und Handelskammer Heilbronn, die bekanntlich den Wirtschaftsraum der Region Franken umfaßt. Heuer war‘s der dreiundzwanzigste, am Dienstag, den 27. September. Wer alles da war, das ist nachzulesen im „Who is who?“, einem Büchlein mit der Auflistung sämtlicher Eingeladener. Ob sie auch alle anwesend waren, das ist die vernachlässigbare Frage. Die anwesenden rund 800 Vertreter aus Industrie, Handel, Politik, Vereinen und Verbänden waren der Einladung des IHK-Präsidenten Otto Christ gefolgt, um interessante Gespräche zu führen und neue Kontakte zu knüpfen. Und um nachzuprüfen, welchen Stellenwert sie noch im wirtschaftlichen Leben der Region genießen. Eben: Who is who? Besonders beäugt in diesem Jahr: der neue Chefredakteur der Heilbronner Stimme, der beim zweitwichtigsten Wirtschaftsereignis der Region, der Unterland-Ausstellungseröffnung noch nicht gesichtet wurde.

IHK-Wahlkampf?Der Silberstreif am Wirtschaftshorizont war das Hauptthema bei diesem IHK-Gästeabend. Nicht aber im Festvortrag des Vorsitzenden der Voith-Konzern-Geschäftsführung Heidenheim Dr. Michael Rogowski - Thema „Quo vadis Baden Württemberg?“. Wo‘s demnächst langgeht mit dem Ländle, so sagten mir Unternehmer, hätte der Manager seinen Zuhörern nicht erzählt, dafür aber über eine Stunde lang fachchinesisch schwadroniert, die deutsche Politik und Wirtschaft reichlich hart attackiert und den anwesenden Unternehmern durch die Blume schlechte Noten erteilt. Und viele Gäste seien sogar eingenickt, erzählten mir Kenner der Wirtschaftsszene. Reichlich aufgestoßen allerdings sei den IHK-Gästen, daß der festliche Abend der Begegnung zur Wahlveranstaltung umfunktioniert wurde. Der Voith-Manager sprach sich fürs Mehrheitswahlsystem in Deutschland aus und forderte im nächsten Satz die IHK-Gäste auf, den Juniorpartner in der Bonner Koalition am 16.10. zu wählen. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern auch ein wenig aufdringlich. Ich kann mir vorstellen, daß dieser 23. Gästeabend im IHK-Präsidium noch sein Nachspiel haben wird.

Taxi-Krise„Ich wart‘ auf ein Taxi, aber es kommt net“. Wer kennt ihn nicht , den Song, in dem ein Mann vergeblich versucht, mit dem Taxi zu fahren. In Heilbronn wäre ihm das nie passiert. An den drei großen Bereitschaftsplätzen der Taxifahrer steht nahezu immer eine der Droschken - ob das nun am Wollhaus, bei der Harmonie oder am Hauptbahnhof ist. Spätestens seit der Gesundheitsreform werden die Taxen seltener gebraucht. Die Sparzwänge der Bundesregierung bedeuteten den ersten empfindlichen Einschnitt ins Umsatzplus der Taxiunternehmen. Doch für die Heilbronner Taxifahrer sollte es noch dicker kommen. Mit dem Abzug der amerikanischen Soldaten wurden die Taxifirmen um vieles ärmer. Die Amis fuhren gerne und viel Taxi. „Besonders in Zeiten, als der Dollar noch beinahe vier Mark wert war. Da waren die mehr mit dem Taxi als mit dem eigenen Auto unterwegs.“, erzählte mir ein Taxifahrer, der gerne Kasernenpersonal chauffiert hatte. Gespannt darf man sein, ob die Taxigrundtarife nun von der Stadt erhöht werden.

WahlkämpferEs geht um alles. Allerorten merkt der Bürger, daß die letzten Reserven für die Bundestagswahl am 16. Oktober mobil gemacht werden. An Wahlständen habe ich Wahlhelferinnen und Wahlhelfer gesehen, die gerade mal „jugendlich“ zu nennen sind. Dann werden die Informationsstände der einzelnen Parteien vorzugsweise vor Einkaufszentren plaziert. Klar, warum: Hier kommen am meisten Leute vorbei. Und die müssen ja an den Wahlkämpfern vorüber, sonst hat die Familie nichts zum Frühstück, Mittag- oder Abendessen. Diese Auswüchse der Wählerwerbung sind wohl kaum zu vermeiden. Ein Riegel gehört aber vorgeschoben, wenn Politikerinnen und Politiker die Kindergärten des Unterlandes heimsuchen, um - ohne daß die Mütter und Väter eigentlich wollen - mit eben diesen Eltern über die richtige Familienpolitik zu diskutieren. Wenn, dann kann man zu Veranstaltungen einladen, aber nicht nach Kindergartenschluß einfach anrücken, um sich potentielle Wählerinnen und Wähler zu schnappen. Die Bürgermeister bzw. Kirchen der betreffenden Kommunen - das sind nämlich die Kindergartendienstherren - müßten in solchen Fällen von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und den Wahlkämpfern die Tür weisen.

Neues Radio?
In und um Heilbronn herum ist ein neues Radiozeitalter angebrochen. Besser und weiter, scheint die Devise zu heißen. Zwei private Sender haben jetzt in der Region das Sagen: Radio Regional Heilbronn und Radio TON Bad Mergentheim heißen die beiden Gesellschafter einer neuen Rundfunkgesellschaft. Interessant an dieser Mediengeschichte: bei beiden Sendern, also Radio Regional und Radio TON, sind die starken Frequenzen 102,1 und 100,1 weggefallen. So wollte es die Landesanstalt für Kommunikation. Und von einer großen Zusammenlegung der Sender kann man vorerst wohl auch nicht sprechen. Zumindest, was das Programm angeht, vernehmen die Hörer im Raum Heilbronn seit dem 1. Oktober auf der Frequenz 103,2 das Wort- und Musikprogramm von Radio Regional und im Bereich Mergentheim das von Radio TON - und beide unter dem Markenzeichen „Radio TON Regional“. Anders sieht das beim Bereichssender Antenne 1, Sitz Stuttgart, aus. Dieser Sender ist der große Gewinner in der neuen Medienlandschaft. Antenne baut derzeit ein Heilbronner Studio auf und ist auf der Frequenz 101,3 und der alten Stadtradio-Frequenz 89,1 in Heilbronn zu hören- und im Hohenloher Raum auf der alten Radio-Regional-Frequenz 100,1. Die Konsequenz der Medienreform: zwei private Hörfunksender kämpfen in der Region um die Hörer. Und da freut sich der dritte - sprich der Süddeutsche Rundfunk.

Kiliansmännle, 28.09.1994

Freie BühneDenn sie kann es nicht lassen: Beate Weinreuter will nun Bürgermeisterin von Massenbachhausen werden. Zur Erinnerung: Der erste Versuch in Leingarten vor wenigen Monaten ging ja schief. Da holte sie zwar ein achtbares Ergebnis gegen den Platzhirsch, Hermann Eppler. Aber mehr war eben nicht drin. Anders könnte es nun in Massenbachhausen aussehen. Amtsinhaber Erich Schott streicht die Segel. Mit über 50 Jahren Lebensalter hatte er die Nase voll vom Schultesgeschäft. Die Bühne ist also frei für Frau Weinreuter. Nur eines darf die ehrgeizige junge Frau nicht wieder tun: die Spielregeln der Fairneß mißachten. Denn nach ihrer Niederlage gegen Eppler war sie nicht mal in der Lage, als Verliererin dem Gewinner ordentlich zu gratulieren. Mal sehen, wie sie ihren Wahlkampf in Massenbachhausen angeht.

Zähne gezeigtGerne vermelde ich von meinem Turm Erfolgsbilanzen. Voll eingeschlagen hat in Heilbronn die Aktion Gesunde Zähne. Wußten Sie, daß es sich dabei um Deutschlands ältestes und erfolgreichstes Anti-Karies-Programm handelt? Um mehr als 50 Prozent ging die Karies bei Kindern und Heranwachsenden zurück. Die Arbeitsgemeinschaft erreicht pro Jahr etwa 34.000 Kinder zwischen vier und zehn Jahren. Die Kosten der von Stadt, Landkreis, Krankenkassen und Zahnärzten vor zwölf Jahren ins Leben gerufenen Aktion belaufen sich auf etwa 440.000 Mark pro Jahr. 13 Mark pro Kind sind das. Soviel sollte uns die Zahngesundheit unserer Nachkommen schon wert sein.

Prost
Ein Prosit auf die Willsbacher Wengerter. Mit neuem Namen und neuen Etiketten wollen die Weingärtner um den Vorstandsvorsitzenden der WG Hermann Hohl zusätzliche Weinmärkte im Bundesgebiet erobern. „Weingärtner Willsbach“ heißt das neue Erkennungszeichen. Also weg von Bandwurmnamen wie „Weingärterngenossenschaft Mittleres Weinsberger Tal“? Und Distanz zum Begriff der Genossenschaft, der außerhalb württembergischer Landesgrenzen einen biederen schlechten Ruf genießt? Ob sich da Weinbaupräsident Hermann Hohl nicht vergaloppiert hat? Wäre ich Genossenschafts-Wengerter würde ich meinem Vorsitzenden gehörig die Meinung geigen, sollte er sich so wenig loyal zum gemeinsamen Produkt zeigen. Man kann doch als Weinbau-Präsident nicht den Ruf der Genossenschaften untergraben. Aber vielleicht ist es ja auch eine Idee des neuen Willsbacher Geschäftsführers Frank Ulrich Schlagenhauf, den Hohl für ein fürstliches Gehalt eingekauft haben soll?

Mathildenbad
Alle reden von Wohnungsnot. Und da sollen nun wie im Falle des Mathildenbades in Bad Wimpfen Wohnungen gebaut werden, aber jetzt ist das auch nicht recht. Bis zu 250 000 erschwingliche Mietwohnungen fehlen im Ländle. Bad Wimpfen aber braucht 20 Jahre, um sich im Gemeinderat zu einer Entscheidung durchzukämpfen. Mit dem Mathildenbad mußte sich übrigens schon der heutige Heilbronner Landrat Klaus Czernuska auseinandersetzen. Denn der war seinerzeit Bürgermeister von Bad Wimpfen.

AusstellungIn Heilbronn ist der Feschtles-Reigen schon vorüber. Unterländer Volksfest und Weindorf sind schon wieder Geschichte. Und die Unterland Ausstellung 1994 auf der Theresienwiese? Das ist weniger ein Fest, mehr eine festliche Schau für Industrie, Handwerk und Handel. Alle zwei Jahre soll sie für uns Konsumenten „das“ Wirtschaftsereignis der Region sein. Heuer das erste Mal im Herbst - zehn Tage lang. Fröhliche Gesichter, gute Laune und positive Einstellung zum Wirtschaftsgeschehen sollen unseren kleinen wirtschaftlichen Aufschwung beflügeln. Die Afag-Ausstellungsgesellschaft aus Nürnberg richtet heuer zum siebenten Mal im Auftrag der Stadt die Unterland Ausstellung aus. Im Volksmund hieß sie ja schon immer schlicht „Unterländer Ausstellung“. Aber in früheren Jahren experimentierte man mit Bandwurmnamen, die angeblich juristisch begründet waren. Und trotz aller demonstrativen Zuneigung, die zwischen Stadt und Afag gepflegt wird: manchen Beobachtern schien es so, daß bald ein Wechsel bei den Ausstellungsmachern angesagt ist. Nicht weil die Afag des Heiko Könicke schlechte Arbeit geleistet hätte, sondern weil der Wechsel das Geschäft belebt. Wie allüberall im Leben.

Feste
Übrigens: die Feste sind meistens so gut wie ihre Macher und Propagandisten. Jetzt beim größten Volksfest im Ländle in Stuttgart, beim Cannstatter Volksfest, ließ Manfred Rommel, der Landeshauptstadt-OB wieder Sätze los, die es in sich hatten und den Humor auf die Schaumspitze trieben. Beim Faßanstich auf dem Wasen erzählte der OB ganz trocken: „Ein Herr hat im Bierzelt a Weckle bestellt. Wie des komme isch, war‘s ziemlich feucht. Do muß die Kellnerin höra: Frollein, des Weckle isch ja feucht. Sie hat ihm aber rausgäbe: So isch recht. In jeder Hand fünf Maßkrüg und noch zwei Weckle unter de Ärm - und net amol schwitze dürfe.“ - Und da der Witz so schön deftig war, hat der Rommels Manfred auch noch gleich gedichtet, nach Cannstatter Art: “Jungfrau schmück‘ Dich mit dem Kranze, / Pudel, wedle mit dem Schwanze, / Jüngling, bügle rasch Dei Hos‘ / Denn jetzt geht‘s Volksfescht los.“ - Und mit sechs Schlägen - drei starke, drei leichte - brachte der Stuttgarter OB dann auch zünftig das Stuttgarter Bier zum Strömen. Mit Niveau eben. Und des isch dann au der Unterschied, der kloine - zum Unterländer Volksfescht.

HandwerkDer Gesellenbrief ist das Aktienpapier mit steigendem Wert im Handwerk - und ein Berufsführerschein für Europa. - Starke und richtige Worte des Hauptgeschäftsführers der Handwerkskammer Heilbronn Gerhard Pfander. Und gesagt hat er das bei der Freisprechungsfeier am Sonntag in der Heilbronner Harmonie. 847 junge Leute erhielten da ihren Gesellenbrief. Und wie recht der Mann hat, das beweist die tagtägliche Realität: Im Handwerk und in den mittelständischen Betrieben liegt die Zukunft unseres Landes Baden Württemberg. Dort kann man nämlich sehr schnell auf die rasanten wirtschaftlichen Veränderungen reagieren. Ohne großen Bürokraten-Apparat und ohne ideologische Scheuklappen. Das Handwerk spürt ja auch sofort, wenn sich der Wind dreht. Und zwar sehr direkt: am Geldbeutel. Arbeitsplätze und vor allem Ausbildungsplätze im Handwerk, die sind bisher gottseidank noch keine Mangelware. Und deshalb gilt weiterhin: Handwerk hat goldnen Boden.

PersonDie Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Bayern haben klar und deutlich gemacht: auf die Persönlichkeit kommt‘s in der Politik an. Und nicht so sehr auf den programmatischen Allerweltsbrei der Parteien. Ein Mann oder eine Frau, die sich in der Politik glaubwürdig zeigen, die Fehler eingestehen, Schwächen nicht vertuschen, aber auch ihre Erfolge herausstreichen - die sind gefragt. Wer herumeiert, salbadert, allen alles verspricht und nichts hält - und das als intelligente Politik verkaufen will, der hält das Volk für dumm. Und seltsamerweise: das Volk merkt das, über kurz oder lang, und präsentiert die Quittung prompt: bei der Wahl. Politik scheint manchmal wie das richtige Leben, in dem man den Betrügern ja meistens auch auf die Schliche kommt. Hoffentlich gilt das auch für den 16. Oktober 1994.

FremdeFremde brauchen Freunde - so das Motto der „Woche des ausländischen Mitbürgers“ in Heilbronn. Multikulturelle Schlemmertage, Gespräche zwischen Christen und Muslime, Kindertheater, Ausstellungen, Auftritte von Tanzgruppen. Das klingt schön, wird vielleicht auch interessant - und ist gut gemeint. Aber wenn‘s ganz hart, super-konkret wird? Was dann? Zum Beispiel in Kirchardt am Neckar, dort wo die syrisch-orthodoxe Kirche ein Zentrum im Industriegebiet bauen will. 38 Meter lang, 20 Meter breit und 14 Meter hoch. „Haben die überhaupt kein Fingerspitzengefühl.“, hieß es in der Ratsrunde. Und eine Rätin meinte gar: “Daß die Kirche ins Industriegebiet geht, sehe ich nicht gerade als Zeichen ihres Integrationswillens an.“ - Jawoll, Frau Oberlehrerin, so isch halt au wieder - mit denne Ausländer. An ihren Worten erkennt ihr sie, die Wahrhaftigkeit der sonst so Fremdenfreundlichen. Anstatt sich über die Bereicherung durch ein neues Gotteshaus zu freuen, wird geschimpft und verhindert. Was würden unsere ach so toleranten Volksvertreter erst sagen, wenn schöne, große Synagogen und Moscheen auf Privatinitiative in unseren Städten und Gemeinden frisch entstünden? Fremde brauchen eben Freunde.