Dienstag, 1. September 2009

Kiliansmännle, 20.04.1994

SelbstbewußtSelbstbewußt ist er, der Intendant des Heilbronner Theaters. Jetzt hat Klaus Wagner das auch im fernen China deutlich gemacht. Stolz verkündete er in Peking - dort weilte er gerade mit seinem vielköpfigen Hofstaat zur Premiere von Lessings ,,Nathan der Weise" - daß er, Wagner, die Rolle des Intendanten noch bis zu seinem 68. Lebensjahr ausfüllen werde. So deutlich und klar war es bisher ja in der Heilbronner Öffentlichkeit noch nicht gesagt worden, daß die ,,hohe Heilbronner Kulturpolitik" sich auf Jahre hinaus schon wagnerianisch festgelegt hat.

Chinas NathanKennen die Chinesen Gotthold Ephraim Lessings „Nathan“? Wohl kaum. Denn „Nathan der Weise - Ein dramatisches Gedicht, in fünf Aufzügen“, das 1779 erschienen ist, dann in Österreich und Sachsen verboten wurde und erst zwei Jahre nach Lessings Tod 1783 in Berlin uraufgeführt wurde, war eigentlich eine Streitschrift. Goethe, der Dichterfürst meinte über den Nathan:“Hier sind ein paar anständige Menschen; und rings um sie die Sintflut.“ - Ins Chinesische hat man das deutsche Klassikergedicht noch nicht übersetzt. Nun, das scheint für die Kommunisten dort ja auch nicht von besonderem Wert. Denn wo Menschen in Stadien hingerichtet werden und die kommunistische Diktatur Toleranz und Humanität mit Füßen tritt, da brauchts keinen „Nathan, den Weisen“. Höchstens in deutscher Sprache. Aber das Heilbronner Theater scheint Trendsetter. Auch in Rußland und Polen war man noch kurz vor dem kläglichen Zusammenbruch der Kommunistenregimes im Austausch und vor Ort.

Denkmal?
Große Worte sprach Untergruppenbachs Bürgermeister gelassen aus. ,,Hier wird kein Platz sein für Bürokratenmief", sagte Walter Haiber beim Festakt fürs neue Untergruppenbacher Rathaus. Als ob ein neues Haus die Arbeitseinstellung derer ändert, die drinnen arbeiten. Teuer war es in jedem Fall, das Untergruppenbacher Rathaus samt Tiefgarage. Immer wieder waren die Kosten gestiegen. 11,2 Millionen Mark am Ende - alles in allem. Ein Schultes-Denkmal? Viel Geld jedenfalls, in einer Zeit, in der alle sparen sollen und die Kommunen ständig über zu wenig Geld jammern.

Stein auf SteinEnorm viel betoniert und gemauert wurde bei der Umgestaltung der Untergruppenbacher Ortsmitte. Gemeinderat, Bürgermeister Haiber und Architekt sorgten mit ihrer Planung dafür, daß jede Menge Parkplätze für die Autos ihrer Bürger geschaffen wurden. Mitten im Ortskern eine Tiefgarage mit Parkdeck. Daran, das heilix Blechle aus der Ortsmitte rauszuhalten, wie das andere Gemeinden tun, dachten die Untergruppenbacher Planer nicht. Jetzt gibt es viel Raum für Autos und wenig für Fußgänger oder Mütter mit Kinderwagen. Denn die müssen sich durch die Lücken zwischen parkenden vierrädrigen Karossen schlängeln. Viele Autofahrer parken nämlich nach wie vor auf dem Gehweg. Ungestraft, der Polizeiposten Untergruppenbach stellt kaum mal einen Strafzettel aus.

Planerische PannenVon wegen Verkehrsberuhigung: Zwei Ampeln gibt es nun in der Untergruppenbacher Ortsmitte, beide für Fußgänger. Und beide im Abstand von etwa 30 Meter mitten in einer Kurve. Dem Fußgänger nützten die Ampeln kaum etwas. Denn viele Autofahrer übersehen eine der beiden Lichtzeichenanlagen. Und wieder kontrolliert die Polizei nicht. Und was ist mit der hochgelobten Tiefgarage? Auch Fehlanzeige. Die Ein- und Ausfahrt ist so gestaltet, daß zwei Autos kaum aneinander vorbeikommen. Deshalb steht die Garage auch oft leer.

BadefreudenDie Spaßbäder in Neckarsulm und Bietigheim-Bissingen graben den ,,richtigen" Hallenbädern im Stadt- und Landkreis Heilbronn das Wasser ab. Immer weniger Besucher kommen ins Beilsteiner Mineralhallenbad, klagte unlängst beispielsweise Bürgermeister Günter Henzler. Was tun? eine etwas größere Sauna, denn da sitzt man samstags wie die berühmten Hühner auf der Stange so eng. Ansonsten lassen wie es ist. Denn die nicht gar so modernen Bäder haben auch ihren Reiz. Zumindest wird man nicht durch Pommes-frites-Fettgestank belästigt, wie das oft in der schlechten Luft der Spaßbäder der Fall ist. Und dann: Immerhin hat Beilstein mit Neckarsulms Aquatoll-Sauna in einem Punkt gleichgezogen. In beiden ist nur je ein Örtchen fürs kleine oder große Geschäftle da.

Medien-MännerDer Süddeutsche Rundfunk In Stuttgart sucht für seine Ab­teilung Fernsehen einen Chefredakteur. Per Inserat in Ta­geszeitungen. Aber da der neue Mann auf SPD-Ticket läuft, wird er wohl aus anderen Kreisen ausgewählt werden als aus jenen, die sich per Annonce gemeldet haben. Im Stutt­garter Gespräch sind der Heilbronner Thomas Roth, derzeit ARD-Fernsehkorrespondent in Moskau und Dr. Klaus Bednarz vom WDR in Köln. Auch Heilbronns Tageszei­tung, die „Heilbronner Stimme“, sucht in diesen Wochen einen neuen Chefredakteur. Ebenfalls in diversen Tageszei­tungen wurde zur Findung des neuen Mannes eine Anzeige geschaltet. „Das Idealalter liegt bei 40 Jahren“ für den Nachfolger des kürzlich verstorbenen Dr. Werner Distel­barth und seines Vorgängers, des schon legendären Werner Thunert. Und von außen soll der fünfte HSt-Chefredakteur kommen, der neue Mann einer „kommentierfreudigen Zei­tung“. Auch in Schwäbisch Hall hat man für die Tageszei­tung einen neuen Mann gesucht - und schon gefunden: so um die 30 ist er, und ein Eigengewächs des „Haller Tagblatts“.

SchweinereiWo bleiben die Kontrolleure? Seitdem es immer teurer wird, viel Müll zu machen, entledigen sich immer wieder rücksichtslose Zeitgenossen ihrer Hinterlassenschaften, in­dem sie den Dreck einfach an einer Bushaltestelle deponie­ren, in den Wald werfen oder an Autobahnparkplätzen ste­henlassen. Erst vor wenigen Tagen habe ich eine Ladung von aufgeplatzten Müllsäcken an einer Bushaltestelle in Beilstein/Schmidhausen gesehen. Eine Schweinerei.

ComputerDie CeBit ´94 in Hannover war das Computer-Ereignis im März. Aber den Computerriesen und -zwergen in Deutsch­land geht‘s schlecht. Jetzt muß gearbeitet werden - nicht nur verkauft. Die Softwarebranche z.B. weist in der Computer­industrie die größten Wachstumszahlen auf. Auch im Ländle. Der weltweite Umsatz ist auf jährlich 200 Milliar­den Mark angestiegen. Man braucht ja auch kein großes Startkapital, um anzufangen. Ein billiger PC genügt - und schon ist man im Geschäft. Unternehmen aus Indien, Sin­gapur, den Philippinen und der ehemaligen Sowjetunion nehmen die Herausforderung an - und zeigen den etablierten Nationen, daß das Denken und Probieren beim Computer immer entscheidend waren. Hat sich das eigentlich auch schon bis zur Unterländer Computermesse herumgespro­chen?

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